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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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THEORIE UND METHODE 87 cken oder Schmerz, die verbale Mobilisierung von Gemeinschaftsgefühlen oder die verschiedenen Arten des Lachens über Computerspielgewalt, und viele mehr. Die Codierung von Emotionspraktiken ist niemals eine neutrale Benennung der- selben, sondern impliziert stets eine erste Interpretation (und enthält damit auch bereits ein deduktives Moment).248 Wenn ein Spieler einen anderen Spieler „Noob“ („Anfänger“) nennt, dann kann das sowohl eine ernstgemeinte Beschimpfung als auch eine nett gemeinte oder sogar liebevolle Neckerei sein. Diesen Spruch als „Beschimpfung“ zu markieren, heißt also auch, ihn als solche zu interpretieren und die eigene Forschungsperspektive in diese Richtung zu lenken. Noch konkreter wird das dort, wo alltagssprachliche Wendungen für entspre- chende Praktiken fehlen. Während sich beispielsweise der ernst intonierte Aus- ruf „Du dummer Noob [Anfänger, C.B.]!“ mit einem gängigen Begriff als „Be- schimpfung“ benennen und interpretieren lässt, ist ein Ausruf wie „Ich mach dich fertig!“ weniger leicht zuzuordnen. Sprüche wie letzterer transportieren aber nichtsdestotrotz einen signifikanten emotionalen Gehalt, den ich nach Erpro- bung verschiedener Begrifflichkeiten in diesem Fall als „ankündigende Artikula- tion von Dominanz“ benannte und entsprechende Stellen als solche codierte (vgl. dazu auch Kap. 3.1.5). Es liegt auf der Hand, dass dadurch die Interpretation der entsprechenden Praxis im Hinblick auf ihre emotionale Funktion bereits integra- ler Bestandteil der Codierung wurde. Dieser Effekt war aber durchaus gewollt, da sich auf diese Weise erste Schritte hin zu einer Interpretation der entsprechenden Praktiken im Hinblick auf emotionale Erfahrungen ergaben. In letzterem Fall verdichteten sich sehr unterschiedliche Arten der Artikulation von Dominanz zu der Erkenntnis, dass Gefühle der Dominanz und Überlegenheit zu den herausra- genden Erfahrungen im Prozess ludisch-virtueller Gewalt gehören. Zentral ist, dass diese Interpretationsprozesse stets nachvollziehbar bleiben. Bei der ethnografischen Analyse emotionaler Prozesse sind verschiedene me- thodische Zugänge möglich, die mal näher am Material bleiben und mal wei- tergehende Interpretationen unternehmen. Wie produktiv letzteres sein kann, demonstriert beispielsweise Jochen Bonz’ ethnopsychoanalytischer Zugang zu Vergnügen.249 Die vorliegende Studie arbeitet jedoch nicht mit ethnopsychoana- lytischen Verfahren, sondern versucht im Interpretationsprozess pragmatisch nah am Material zu bleiben.250 Im Fall des Codes „ankündigende Artikulation von Dominanz“ war beispielsweise Voraussetzung, dass Akteure sich in klarem Zu- 248 | Vgl. ebd., S. 136-137. 249 | Vgl. Jochen Bonz: Fußballbegeisterung – Annäherungen an einen überwältigenden Untersuchungsgegenstand. In: Christoph Bareither/Kaspar Maase/Mirjam Nast (Hg.): Un- terhaltung und Vergnügung. Beiträge der Europäischen Ethnologie zur Populärkulturfor- schung. Mit einem Vorwort von Hermann Bausinger. Würzburg 2013, S. 95-113. 250 | Die Metaphern „nah“ und „weitergehend“ sind natürlich insofern problematisch, als man auch argumentieren könnte, dass die Ethnopsychoanalyse gerade durch ihre weitergehende Interpretation näher an das ethnografische Material herankommt.
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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