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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL172
ten Ausruf wie „lol! [laughing out loud, C.B.]“ hin. Meist werden aber mit aller
Deutlichkeit Ärger, Enttäuschung, Frustration oder Wut zur Sprache gebracht. Zu
den entsprechenden kommunizierenden Emotionspraktiken gehören verärgerte
„Neeeeein“-Rufe, Flüche wie „Scheiße!“, „Shit!“, „Fick doch die Henne!“,238 „Ach
leck mich doch am Arsch!“,239 oder: „Boah Alter, ich fress meinen Bart!“240 – gele-
gentlich begleitet von einem hör- oder auf der Facecam sichtbaren Hauen auf die
Tischplatte oder dem wütenden Wegwerfen einer Maus.
Im Anschluss an solche Artikulationen wird oft nach der Schuld für den Tod
des eigenen Avatars gesucht. Man findet sie entweder in äußeren Umständen –
der Controller hat versagt, der Avatar nicht wie gewünscht reagiert, die computer-
gesteuerten oder auch menschlichen Kameraden waren zu schlecht, das Spiel hat
einem zu viele Gegner auf einmal entgegengestellt, etc. – oder auch im eigenen
spielerischen Versagen. In den meisten Fällen ist das Wissen um den kommen-
den Respawn der Erfahrung des virtuellen Sterbens aber bereits immanent. Un-
mittelbar nach einem kurzen Moment der Verärgerung folgt meist sogleich der
Ausblick auf den nächsten Versuch. Man fasst frischen Mut, überlegt laut, wie
man es besser machen könnte, oder kündigt an, es nun auf jeden Fall zu schaffen.
Die Intensität des Ärgers und der Aufwand zur Mobilisierung neuer Lust am
Spielprozess fällt je nach Spieler und Spielsituation sehr unterschiedlich aus. Auf
die Frage nach dem Sterben des eigenen Avatars im Multiplayer-Online-Game
The Elder Scrolls Online antwortet beispielsweise der routinierte Vielspieler Pan-
drael im Interview: „Das bedeutet für mich eigentlich nur nen kurzen Break.“
Zwar nerve es, wenn man Zeit verliere, aber: „Also emotional berührt mich das
jetzt nicht.“ (IV10) Die nicht minder routinierte Vielspielerin Miralla äußert sich
genau gegenteilig über das virtuelle Sterben: „Es ist scheiße (lacht). Es ist schei-
ße. Und es ist immer schrecklich, wenn es passiert. Vor allem, weil meistens
irgendwas dran kaputt geht, am Charakter [am Avatar, C.B.].“ (IV9) Wenn sie nur
einmal sterbe, dann sei das noch verkraftbar. Aber wenn sie beispielsweise an
einem Endgegner mehrere Male scheitere, dann rege sie das so sehr auf, dass sie
teils mehrere Wochen mit diesem Spiel pausieren müsse. Im Extremfall führen
solche Frustmomente zu sogenannten Rage Quits, also zum abrupten Abbruch
des Spiels durch einen Spieler aufgrund seines Ärgers über das Sterben des eige-
nen Avatars (vgl. dazu auch Kap. 3.1.6).
238 | PietSmiet (Brammen): BATTLEFIELD 4 SINGLEPLAYER # 5 - Agent Kovic «» Let’s
Play Battlefield 4/BF4 | HD (2.11.2013), 4:00-4:05. https://www.youtube.com/embed/
zBrgZBRlfeE?start=240&end=245
239 | PietSmiet (Hardi): Let’s Play Dead Space 3 #001 [Deutsch] [HD] - Neustart und Ver-
gleich (7.2.2013), 45:30-45:45. https://www.youtube.com/embed/FjT8BkHklVE?start=2
730&end=2745
240 | Gronkh: GTA ONLINE [HD+] #013 - RRRAGEMODE oder: Vorerst kein Online mehr!
* Let’s Play GTA Online (13.10.2013), 27:05-27:30. https://www.youtube.com/embed/
D-4TxpIAFGo?start=1625&end=1650
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Titel
- Gewalt im Computerspiel
- Untertitel
- Facetten eines Vergnügens
- Autor
- Christoph Bareither
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364