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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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10 | Leitperspektive dennen. Kurz vor Kriegsende geriet er in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft. 1947 fiel er in die „Weihnachtsamnestie“ und kam frei. Ein Jahr später wurde auch sein nachsichtig geführtes Entnazifizierungsverfahren eingestellt. In den „langen“ 1950er Jahren ließ er sich als Arzt nieder (zunächst in Mannheim, dann in Baden- Baden). Für eine Saison spielte er noch für den Eishockey-Verein „VfL Bad-Nau- heim“ (1948/49) und wurde mit diesem Verein sogar deutscher Vizemeister. 1949 heiratete er Friedl Bechtold und es begannen erneute Ermittlungsverfahren wegen seiner Vergangenheit. 1962 tauchte er unter – er wurde international gesucht. Ari- bert Heim änderte seinen Namen in Tarek Hussein Farid und konvertierte zum Islam. Allem Anschein nach starb er 1992 in Kairo an Darmkrebs.4 Jahrzehnte zuvor, am 28.  Juni 1919, feierte Aribert Heim seinen fünften Ge- burtstag. Ob es angesichts der Folgen des Weltkriegs ein schöner Geburtstag war, weiß man nicht. Bekannt hingegen ist die Tatsache, dass am selben Tag die deut- sche Delegation in der Spiegelgalerie des Schlosses Versailles nach ultimativer Aufforderung den Friedensvertrag von Versailles unterzeichnete. Wenige Monate später unterschrieb die österreichische Delegation den Friedensvertrag von Saint- Germain-en-Laye. Im Zuge dessen wurde die „Untersteiermark“ (Štajerska) des (nun) ehemaligen Herzogtums Steiermark dem S.  H.  S.-Staat (genauer gesagt Slo- wenien) zugesprochen. Die neu gezogene Staatsgrenze verlief quer durch Bad Rad- kersburg (Radgona), Aribert Heims Geburtsort. Im Nachhinein wäre es sicherlich anmaßend, zu glauben, dass der Erste Welt- krieg keine Spuren in Aribert Heims Leben hinterlassen hat. Inwiefern sich der Krieg auf die Familie Heim auswirkte, steht hier aber nicht im Zentrum. Die Art und Weise, wie man sich an diese Frage annähern könnte, dagegen sehr wohl. Aus meiner Sicht erscheint es wenig ergiebig, wenn man die Geschichte nur von ihrem jeweiligen Ende ausgehend versucht zu verstehen und zu erklären. Ein derartiges Unterfangen würde – zumindest mich – dazu verleiten, die Geschichte als natür- lich gegebene Einbahnstraße zu betrachten. Und für einen, der Mitte der 1980er Jahre in Österreich geboren ist, ist sie das vermutlich nicht mehr (jedenfalls nicht für mich). Wenn man hingegen in einer Zeit sozialisiert wurde, als in Österreich die feste Überzeugung vorherrschte, dass die Welt Jahr für Jahr „naturgesetzlich“ besser würde (weil es nach dem Zweiten Weltkrieg nur besser werden konnte), dann kann einem mein Ansatz ein wenig fremd bzw. wenig zielführend erschei- nen. Für mich ist aber der Glaube an die prinzipielle, gleichwohl nicht völlig will- kürliche Offenheit der Geschichte deswegen so wichtig, weil ich der Meinung bin, dass man so die Vielfalt möglicher Geschichtsverläufe und der ihnen zugrunde 4 Die Notizen zu Aribert Heim stammen aus: Kulish/Mekhennet (2015); Klemp (2010).
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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