Seite - 16 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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generell abgelehnt wurde oder gegen diesen permanent (!) opponiert wurde.4 Rück-
blickend lässt sich hinsichtlich der Studien über die Aufnahme des Kriegsbeginns,
die vielfach auf diesen Sammelband aufbauen, von sogenannten Auguststudien
oder von einer Augustforschung sprechen.5 Ihre Thesen schlagen sich bereits in
mehreren Gesamtdarstellungen, Lexika, Enzyklopädien und Spezialhandbüchern
über den Ersten Weltkrieg nieder.6 Ebenso finden sich die neuen Forschungsergeb-
nisse zur zeitlich, lokal und sozial begrenzten Kriegsbegeisterung in Studien, die
fernab der eigentlichen Juli/August-Thematik stehen.7 Die seit den 1990er-Jahren
bestehende Augustforschung griff aufgrund der politisch im weiteren Sinne grun-
dierten Literatur aus der „Zwischenkriegszeit“8 vorrangig auf die Überlieferung
der Juli-, August- und Septembertage von 1914 zurück. Diese ist zwar wie die Li-
teratur der 1920er und 1930er für die Nachwelt nur bruchstückhaft zugänglich,
sie hat aber gewissermaßen den Vorteil, dass sie frei(er) von späteren Einschüben/
Verzerrungen9 ist. Den Quellen von 1914 fehlt die Erfahrung eines langjährigen
4 In Deutschland kam es zwischen dem 26. und 31. Juli in rund 163 Städten und Gemeinden zu
mindestens 288 Antikriegsversammlungen und -demonstrationen. Für weitere 42 Friedensver-
sammlungen liegen zumindest Versammlungsappelle vor, vgl. Kruse (1993), 30–36.
5 Hierbei stechen die Arbeiten von Michael Stöcker, Wolfgang Kruse, Christian Geinitz, Benjamin
Ziemann, Thomas Raithel, Adrian Gregory, Bernhard Rosenberger und Jeffrey Verhey hervor,
siehe Literaturverzeichnis. Einen Einstieg in die Augustforschung (Ansätze und Thesen) bieten:
Konrad (2015); Herzig (2010), 9–21; Wietschorke (2008), 225–228; Chickering (2007); Wir-
sching (2004), 188–194; Mai (2004); Leonhard (2001); Nonn (2000); Raithel (1997). Die z.
B. von
Christian Geinitz geäußerte Ansicht, dass es sich bei den Auguststudien sogar um eine „August-
Schule“ handelt, ist meines Erachtens ein wenig übertrieben, vgl. Geinitz (1998), 19. Helmut
Fries (1994) schrieb das letzte große Buch über die allgemeine Kriegsbegeisterung.
6 Die folgende Auflistung enthält solide weltkriegsbezogene Einführungen, Handbücher und Ge-
samtdarstellungen, die die Thesen der neueren Augustforschung aufgriffen. Diese Bücher bildeten
gewissermaßen den Grundstock meiner Arbeit: Gregory (2014), 17–28; Janz (2013), 180
f.; Leon-
hard (2014), 127–146; Bruendel (2014), 285 f.; Überegger (2014), 41–46; Eckart (2014), 88–90;
Hirschfeld (2011); Horne (2010), 280; Gregory (2010); Hirschfeld/Krumeich (2010); Beckett
(22007), 39–43; Blasius (2006); Winter/Prost (2005), 159, 170 f. Ferner verweise ich auf die Lexi-
konartikel „Augusterlebnis“ (Jeffrey Verhey), „Kriegsbegeisterung“ (Volker Ullrich) und „Burg-
frieden“ (Jeffrey Verhey) in: Hirschfeld/Krumeich/Renz (22014), 357–360, 630–631, 400–402.
7 Bezüglich der Monografien, die sich eigentlich nicht mit der Kriegsbegeisterung von 1914 an sich
beschäftigen, aber dennoch die Thesen der neuen Auguststudien in ihr Themenfeld integrierten,
sei v. a. auf das militärsoziologische Buch „Disziplin. Soziologie und Geschichte militärischer
Gehorsamsproduktion“ von Ulrich Bröckling verwiesen, vgl. Bröckling (1997), 196.
8 Wie z. B. die Kriegsmemoiren, die Regimentsgeschichten, die Belletristik (darunter auch die
Anti-Kriegsliteratur) oder die wissenschaftliche Literatur.
9 Wie z.
B. die Einfügung von Textpassagen oder Fehldatierungen, Streichungen, Hervorhebungen,
Einfärbungen, Illustrierungen sowie das Einkleben von Fotografien und anderen Erinnerungsge-
genständen. Die nachträgliche Verzerrung begann bereits während des Kriegs.
Graz 1914
Der Volkskrieg auf der Straße
- Titel
- Graz 1914
- Untertitel
- Der Volkskrieg auf der Straße
- Autor
- Bernhard Thonhofer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln- Weimar
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20569-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 510
- Schlagwörter
- Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Rahmenbedingungen 15
- Sarajevoer Attentat und Graz 69
- Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
- Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
- Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
- Intensive Julipolemik 88
- Der „Demarche-Rummel“ 99
- Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
- Fallende Börsenkurse 110
- Ultimatum an Serbien 112
- Lokalisierungsfrage 116
- Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
- Zur Trauerstimmung 122
- Innenstadt und Bahnhof 135
- Kein Telefonnetz 135
- Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
- Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
- Offengelegte Zeitungspolitik 151
- Unklare Mobilisierungsplakate 154
- Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
- Grazer „Feldlager“ 166
- Die letzten Tage im Juli 170
- Großbritannien und Italien 176
- Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
- Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
- Abschiedsszenen 194
- Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
- Ein „Denkmalfrevel“ 212
- Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
- Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
- Präventivzensur 227
- Erste „Soldatenerzählungen“ 234
- Grazer Frauenhilfskomitee 245
- Transportkolonne am Bahnhof 252
- Alltag und Einheitsprüfungen 257
- Arbeitslosigkeit 257
- Andrang auf die Geldinstitute 267
- Ausstattungsfrage und Postämter 276
- Hamsterkäufe 284
- Mietzins 299
- Kirchen und Friedhöfe 303
- Verlustlisten 318
- Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
- Ausschreitungen 333
- Demonstrationen vor Geschäften 340
- Über die „Sprachbereinigung“ 346
- Modeboykott 354
- Soldaten abseits der Truppe 363
- Neue Wachposten 374
- Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
- Pfadfinder und Wandervogel 389
- Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
- Diebstahl und Betrug 404
- Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
- Schlussbetrachtung 423
- Anhang 453