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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Rahmenbedingungen32 front“ begann daher der vielschichtige Prozess der Desillusionierung vom ersten Kriegstag an.82 Und er konnte nur dort einsetzen, wo man den Krieg überhaupt als Chance83 wahrnahm. Aber auch hierbei gilt es festzuhalten, dass im Rahmen der Selbstmobilisierung und des „Durchhaltens“ der Prozess der Desillusionierung nicht kontinuierlich im Steigen begriffen war. Vielmehr ist von einem Gemisch aus Zustimmung und Zwang auszugehen, das weder einen allgemeinen und in stetiger Abnahme begriffenen Großvorrat an Kriegsbegeisterung noch ein gesamtgesell- schaftliches und ständig steigendes Unmuts- und Desillusionierungsbecken kennt. Aus meiner Sicht ist es daher nicht sinnvoll, alles „Negative“ im Grazer Alltag von 1914 auf die eine Waagschale und alles „Positive“ auf die andere Waagschale zu legen. Erstens entspräche ein derartiges Unterfangen einer Sisyphus-Arbeit. Und zweitens würde man, meiner Einschätzung nach, dabei das Wesentliche aus den Augen verlieren. Im Gegensatz zur Kriegsbegeisterung im klassisch freudigen Sinne lassen sich nämlich die aus einer Not heraus entstandenen zweck- und auf- gabengebundenen Einheitsbildungen der einzelnen Staaten vielfach nachweisen. Diese hatten zum überwiegenden Teil aber nichts – weder in Frankreich noch in Deutschland oder sonst wo – mit einer leichtfertigen Kriegsaffirmation zu tun.84 Abschließend gehe ich noch auf die Rezeption der Kriegsbegeisterung in der „Zwischenkriegszeit“ ein. Der oftmals für die Kriegsbegeisterung synonym ver- wendete Begriff „Augusterlebnis“ fungiert in der Augustforschung mehrheitlich nicht mehr als analytischer Ausgangs- oder Fluchtpunkt. Der Containerbegriff „Augusterlebnis“ ist zwar in der Forschung zum Ersten Weltkriegs bekannt, aber bis dato weder klar noch konsensfähig abgesteckt. Streng begriffsgeschichtliche Ansätze fehlen zur Gänze und auch in dieser Arbeit wird ein derartiges Unter- fangen nicht unternommen. Die Augustforschung ist sich darüber uneinig, ob der Begriff „Augusterlebnis“ aus der Kriegszeit stammt oder nicht. Grundsätzlich ging man davon aus, dass es sich bei dem Begriff „Augusterlebnis“ um einen zeitgenös- sischen Begriff handelte. Es finden sich daher einige fachliterarische Stellungnah- 82 Überegger (2014) und (2007). 83 Jeder der folgenden Topoi könnte problemlos unter „Anführungszeichen“ stehen: Krieg als Ini- tiationsritus bzw. Prüfung/Bewährungsprobe, Krieg als Abenteuer, Krieg als Katharsis, Krieg als Purifikation, Krieg als Korrektiv/Erneuerer, Krieg als Naturgesetz, Krieg als Kulturwert, Krieg als Aufhebung oder Umkehr der Moderne, Krieg als Modernisierung, Krieg als Fortsetzung der Poli- tik, Krieg als Ersatz der Politik, Krieg als Kampf ums Dasein, Krieg als Bringer eines andauernden Friedens, Krieg als ultima ratio, Krieg als göttliches Strafgericht, Krieg als Glied in Gottes Welten- ordnung, Krieg als Arbeit bzw. prestigeträchtiges Handwerk, Krieg als Mittel zur Integration und Partizipation, Krieg als Steigerung bzw. Vervollkommnung des Lebens usw. 84 Hirschfeld/Krumeich (2010).
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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