Seite - 45 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Bild der Seite - 45 -
Text der Seite - 45 -
Mikrohistorie | 45
den seit Ende Juli präventiv zensierten143 Zeitungen und Zeitschriften der Steier-
mark, die teilweise auch in Kärnten gelesen wurden.144 Sie wurden von mir zur
Gänze gelesen, zumal sich in allen Sparten und Rubriken Antworten auf meine
Fragen finden ließen (Leitartikel, Lokalteile, Vereinsnachrichten, Veranstaltungs-
ankündigungen, Wetterberichte, Witze, Drahtnachrichten, Sport, Briefkasten der
Schriftleitung, Leserbriefe, Illustrationen, Annoncenteil und so weiter). Bei den
Grazer Tageszeitungen griff ich vorrangig auf die Zeitungen des deutschnationalen
und des sozialdemokratischen Milieus zurück. Zum deutschnationalen Milieu im
weiteren Sinne zählen: die (deutschnationale) Tagespost, das (radikal deutschna-
tionale) Grazer Tagblatt und die (deutschnationale) Grazer Mittags-Zeitung. Das
sozialdemokratische Milieu las vorwiegend den Arbeiterwillen. In Graz erschien
auch das klerikal-konservative Grazer Volksblatt und dessen Ableger, die Kleine
Zeitung. Auf sie wurde weniger zurückgegriffen, zumal das christlichsoziale Mi-
lieu in Graz weniger Rückhalt hatte als der Deutschnationalismus und die Sozial-
demokratie.145 Um wie viel die Auflagen im Juli 1914 ungefähr stiegen, konnte ich
nicht in Erfahrung bringen.146 Die folgende Tabelle über die einzelnen Auflagen-
höhen im Jahr 1911 ist daher nur als Annäherung an die Thematik zu verstehen.
zusehen. ANNO verfügt nicht über alle ein- oder mehrseitigen Extra- und Sonderausgaben aus
Graz. Dasselbe gilt auch für einige der regulären Morgen- und Abendausgaben. Die Allgemeine
Frauen-Zeitung, das Organ des Allgemeinen Deutschen Frauen-Vereins in Graz und der Reichs-
organisation der Hausfrauen Oesterreichs (Ortsgruppe Graz), ist nicht nur in der Universitäts-
bibliothek der Karl-Franzens-Universität Graz, sondern auch auf dem Ariadne-Onlineportal
der ÖNB zugänglich: https://www.onb.ac.at/forschung/ariadne-frauendokumentation/ [Stand
12.3.2017]. Zu den Akten: Die Akten stammen aus dem Steiermärkischen Landesarchiv (Graz).
Meine Datumsangaben in den ausgewiesenen Akten beziehen sich auf das Abfassungsdatum des
jeweiligen Schreibens (daher nicht auf den Zeitpunkt, an dem das Schreiben vom Statthalterei-
Präsidium zur Kenntnis genommen wurde).
143 Siehe das Kapitel: Präventivzensur.
144 Vgl. z. B. den Arbeiterwillen, das „Organ des arbeitenden Volkes für Steiermark und Kärnten“.
Zur steirischen Presselandschaft von 1890 bis 1914 kompakt und mit einschlägigem Datenma-
terial zu den Auflagenzahlen (bis 1911): Hutter (2014). Eine Darstellung der hier nicht berück-
sichtigten slowenischsprachigen Zeitungen der Steiermark im Ersten Weltkrieg in: Hutter (2014);
Rihtarič (2008).
145 Siehe das Kapitel: Vier Leitpanoramen.
146 Für den Arbeiterwillen liegen zumindest Zahlen für das letzte Friedensjahr vor. Laut des „Tä-
tigkeitsberichts“ der sozialdemokratischen Partei der Steiermark hatte der Arbeiterwille im
Berichtsjahr 1913/14 (d. h. bis zum 30. Juni 1914) folgende Auflagenzahlen: 17.100 (Wochen-
ausgabe) und 24.000 (Sonntagsausgabe), vgl. Die Parteipresse, in: Arbeiterwille, 11.11.1914
(Abendausgabe), 4. Der Arbeiterwille brachte an Montagen keine Morgenausgabe, sondern eine
umfangreiche (und laut seines Zeitungskopfs um 14 Uhr erschienene) Abendausgabe heraus.
Die in der Tabelle ausgewiesene Auflagenzahl von 15.800 bezieht sich daher nur auf seine Mon-
Graz 1914
Der Volkskrieg auf der Straße
- Titel
- Graz 1914
- Untertitel
- Der Volkskrieg auf der Straße
- Autor
- Bernhard Thonhofer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln- Weimar
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20569-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 510
- Schlagwörter
- Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Rahmenbedingungen 15
- Sarajevoer Attentat und Graz 69
- Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
- Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
- Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
- Intensive Julipolemik 88
- Der „Demarche-Rummel“ 99
- Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
- Fallende Börsenkurse 110
- Ultimatum an Serbien 112
- Lokalisierungsfrage 116
- Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
- Zur Trauerstimmung 122
- Innenstadt und Bahnhof 135
- Kein Telefonnetz 135
- Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
- Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
- Offengelegte Zeitungspolitik 151
- Unklare Mobilisierungsplakate 154
- Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
- Grazer „Feldlager“ 166
- Die letzten Tage im Juli 170
- Großbritannien und Italien 176
- Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
- Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
- Abschiedsszenen 194
- Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
- Ein „Denkmalfrevel“ 212
- Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
- Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
- Präventivzensur 227
- Erste „Soldatenerzählungen“ 234
- Grazer Frauenhilfskomitee 245
- Transportkolonne am Bahnhof 252
- Alltag und Einheitsprüfungen 257
- Arbeitslosigkeit 257
- Andrang auf die Geldinstitute 267
- Ausstattungsfrage und Postämter 276
- Hamsterkäufe 284
- Mietzins 299
- Kirchen und Friedhöfe 303
- Verlustlisten 318
- Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
- Ausschreitungen 333
- Demonstrationen vor Geschäften 340
- Über die „Sprachbereinigung“ 346
- Modeboykott 354
- Soldaten abseits der Truppe 363
- Neue Wachposten 374
- Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
- Pfadfinder und Wandervogel 389
- Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
- Diebstahl und Betrug 404
- Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
- Schlussbetrachtung 423
- Anhang 453