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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Sarajevoer Attentat und Graz80 der neu noch originell. Vielmehr war sie einem altbekannten Stilmittel geschul- det. Die zeitgenössische Rede von der „Kriegsbegeisterung“ 1914 stellte nämlich – schnell formuliert – eines von vielen „vormodernen“, besser gesagt altbewährten Ausdrucksformen dar, die sich nach dem Krieg nur mehr in den pointiert po- litisch grundierten, aber ernstzunehmenden Kriegserinnerungen widerspiegeln. Aus meiner Sicht ist es nicht sonderlich ratsam, wenn man sich dem Kriegsbeginn 1914 ohne Vergewisserung der zeitgenössischen Politsprache nähert. Gewisserma- ßen handelt es sich hierbei um einen Fehler, den ich selbst beging. Greift man ohne Vorwissen zu den Grazer Zeitungsquellen von 1914, versetzt es einen (vermutlich) in Staunen, wie oft der Begriff „Begeisterung“ anzutreffen ist („todesmutige Be- geisterung“, „patriotischen Begeisterung“, „edler Begeisterung“, „begeisterte Ent- schlossenheit“, „flammende Begeisterung“, „vaterländischen und völkischen Be- geisterung“, „herrschende Vaterlandsbegeisterung“ oder „heilige Begeisterung“).53 Es zeigt sich dabei immer wieder, dass bereits in den ersten Kriegswochen von einander abweichende Deutungen über etwaige Haltungen der Grazer Bevölke- rung zirkulierten: „Zum ersten Mal führt Österreich einen großen Krieg im Zeichen der allgemeinen Wehrpflicht, einen Krieg, der kaum eine Familie im weiten Reiche unberührt läßt. Und zum Staunen selbst der Hoffnungsvollsten zeigt es sich, daß die Begeisterung fast überall gleich, die Opferfähigkeit fast überall schier grenzenlos ist. […] In der Bevölkerung aber verschwinden alle Gegensätze, die noch vor wenigen Tagen geherrscht haben mögen, vor der großen Aufgabe, die allen die nächste Stunde bringt.“54 Das Wort „Begeisterung“ war zu Kriegsbeginn 1914 omnipräsent. Mit Abstand seltener anzutreffen ist der Begriff „Kriegsbegeisterung“ und selten stößt man auf den Begriff „Burgfrieden“. Das bedeutet nicht, dass es derartige Phänomene nicht gab, aber es legt den Schluss nahe, dass die zeitgenössischen Meinungsanbieter in Graz andere Begriffe und Beschreibungen dafür wählten. Den einzelnen Hand- habungen, wie man „Einheit“ lebte (und leben sollte), werde ich im Verlauf der Arbeit nachgehen, weil es mir darum geht, wie die journalistischen Zeitgenossen 53 Die Zitate stammen aus: Vor dem Krieg!, in: Grazer Tagblatt, 26.7.1914, 1; In Obersteiermark, in: Grazer Volksblatt, 27.7.1914 (Sonderausgabe), 3; Krieg!, in: Steiermärkisches Gewerbeblatt, 1.8.1914, 1; Die Slawen Österreichs in der großen Zeit, in: Tagespost, 15.8.1914, 1; Der Kaiser rief, und alle, alle kamen, in: Grazer Tagblatt, 18.8.1914, 1; Nachrichten des rechten Murufers, in: Grazer Kirchenbote, 1.9.1914, 73; Die Kriegshetze des „Grazer Volksblattes“, in: Deutsche Zeitung, 16.8.1914, 5; Im Zeichen des Krieges, in: Grazer Vorortezeitung, 16.8.1914, 1. 54 Vorwärts, in: Grazer Montags-Zeitung, 3.8.1914, [ohne Seitenangabe].
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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