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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 89 -
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Intensive Julipolemik | 89 tengebildes konnte sich aufgrund der unterschiedlichen Nations- und Politikinte- ressen schon gar nicht kultivieren. Nicht minder fehlte es an einem gemeinsamen (steirisch-slowenischen) „Landesbewusstsein“.93 Verunmöglicht wurde dies durch die täglich in Umlauf gebrachten parteipolitischen Standpunkte. Deren allgemei- ner Fluchtpunkt war die im Alltag gelebte und erfahrene Auseinandersetzung mit der Frage, wie die beiden „Nationen“ (die „Deutschen“ und die „Slowenen“) im Kronland Steiermark miteinander umzugehen haben. Der Wahlkampf zum Grazer Gemeinderat geriet durch den Anschlag von Sarajevo schnell in den Hintergrund. Eigentlich versuchte nur der Arbeiterwille, mit allen Mitteln den wahlkämpfe- rischen Blick auf die Stadt Graz und ihre Lokalprobleme zu wahren. Das kleine Treffen rund um die sozialdemokratischen Funktionäre Alois Ausobsky, Josef Her- zog sowie Michael Schacherl von Mitte Juli fand im Grazer Gasthaus „Simones“ (Keplerstraße) statt und markierte in gewisser Weise das Ende des Wahlkampfs.94 Ersetzt wurde der Wahlkampf durch eine vom Arbeiterwillen mehrfach geäußerte Kritik an der „Kriegshetze“ vonseiten der bürgerlichen Presse des In- und Aus- lands.95 Zudem missbilligte der Arbeiterwille den aus seiner Sicht falschen, weil gewalttätigen Patriotismus. Nahezu täglich betitelte er redaktionsfremde Korres- pondenzberichte über Ausschreitungen auf dem „Balkan“ mit redaktionseigenen Überschriften, in denen das Adjektiv „patriotisch“ mit diversen gewaltbeschrei- benden Wörtern wie „Exzess“ in Verbindung brachte. Überschriften wie „Patrioti- sche Exzesse“, „Neue Exzesse der Patrioten in Agram“, „Neue patriotische Exzesse in Mostar und anderen Orten“, „Die Exzesse der ‚Patrioten‘ innen und außen“ oder „Neue patriotische und römischklerikale Exzesse“ finden sich unentwegt im Ar- beiterwillen.96 Diese Haltung riss in den ersten Kriegsmonaten nicht ab, zumal der Arbeiterwille vielfach die täglichen – von „unpatriotischen“/„scheinpatriotischen“ Soldaten oder Teilen der Grazer Bevölkerung ausgebübten – „Exzesse“ an der Gra- zer „Heimatfront“ kritisierte.97 Die anderen Tageszeitungen (ausgenommen die Kleine Zeitung) verfolgten unmittelbar nach dem Attentat auf das Thronfolgerpaar 93 Moll (2007a), 24. 94 Warum mußte der Grazer Gemeinderat aufgelöst werden?, in: Arbeiterwille, 12.7.1914, 1; Heute Montag öffentliche Versammlung, in: Arbeiterwille, 13.7.1914 (Abendausgabe), 1. 95 Kriegshetze der christlichsozialen Presse, in: Arbeiterwille, 30.6.1914, 1; Die Wirkung der Kriegshetzerei, in: Arbeiterwille, 16.7.1914, 1. Weitere Stellungnahmen lassen sich bereits den Leitartikeln des Arbeiterwillens entnehmen. 96 Zu den Quellen: Patriotische Exzesse, in: Arbeiterwille, 1.7.1914, 7; Neue Exzesse der Patrioten in Agram, in: Arbeiterwille, 2.7.1914, 3; Neue patriotische Exzesse in Mostar und anderen Orten, in: Arbeiterwille, 2.7.1914, 3; Die Exzesse der „Patrioten“ innen und außen, in: Arbeiterwille, 3.7.1914, 2; Neue patriotische und römischklerikale Exzesse, in: Arbeiterwille, 3.7.1914, 2. 97 Siehe die zwei Kapitel: Infiltrierendes „Spinnennetz“ und Ausschreitungen.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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