Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 102 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 102 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße

Bild der Seite - 102 -

Bild der Seite - 102 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße

Text der Seite - 102 -

| Sarajevoer Attentat und Graz102 den. Diese aus meiner Sicht zu Recht attestierte Schieflage in puncto Nachrichten- und Meldungspolitik wurde nicht nur in diesem Artikel angeprangert, sondern in vielen anderen auch. Am heftigsten kritisierte man in Graz die Geschichte rund um die im Raum stehende Demarche, die als solche durch einen weiteren gemein- samen Ministerrat (12.  Juli) und die beiden Treffen des Außenministers mit dem Kaiser in Bad Ischl (9.  Juli152 und 21.  Juli153) am Laufen gehalten wurde. Dieser „Demarche-Rummel“154 war „nervenaufreibend“, weil man nicht mehr wusste, wem man Glauben schenken konnte. Den letzten Anhaltspunkt vor der tatsächli- chen Verkündung des Ultimatums an Serbien (23.  Juli) bot wohl das Treffen des Außenministers mit dem Kaiser in Bad Ischl (21.  Juli). Einen Tag später druckte das radikal deutschnationale Tagblatt eine Korrespondenznachricht, in der Fol- gendes stand: „Wie aus Ischl gemeldet wird, verlautet dort, daß der Schritt der ös- terreichisch-ungarischen Regierung in Belgrad noch im Laufe dieser Woche erfol- gen wird.“155 Und über den bevorstehenden Schritt der Regierung berichtete das Tagblatt: „Die Demarche soll in der Form sehr höflich, im Inhalte jedoch sehr ent- schieden sein.“156 Wirkliche Klarheit brachte aber erst der nächste Tag durch die Verkündung des auf 48 Stunden befristeten österreichisch-ungarischen Ultima- tums an Serbien (23.  Juli). Bis zu diesem Zeitpunkt war man sich vielfach darüber im Unklaren, welche Schritte die Regierung eigentlich zu unternehmen gedenke. Die Illusion von der „Untätigkeit“ der eigenen Regierung wirkte aber enorm. Zu- friedenheit herrschte in den Grazer Redaktionen in keiner Weise. Mehrmals äu- ßerten die Redaktionen, darunter auch das traditionell kaisertreue Volksblatt, ih- ren Unmut über die nebulöse Meldungspolitik der cisleithanischen Regierung. Die deutschnationale und sozialdemokratische Presse beanstandete nicht nur die (ver- meintliche) Untätigkeit der cisleithanischen Regierung bezüglich der Serbienfrage, sondern setzte ihre seit Jahren geäußerte Kritik an der innenpolitischen Regie- rungsarbeit fort. Konkret manifestierte sich die Missbilligung des „Ministeriums Stürgkh“ in ihrem Rückgriff auf den Notstandsparagrafen der Dezemberver fassung (§  14 des Staatsgrundgesetzes über die Reichsvertretung von 1867), der als solcher bereits vor Ausbruch des Kriegs „zum ausschließlichen Regierungsinstrument“157 wurde. Die abfälligen Bemerkungen über die Regierung, deren Intensität sich be- 152 Ein Schritt in Belgrad, in: Arbeiterwille, 11.7.1914, 2. 153 Die Audienz des Grafen Berchtold in Ischl, in: Grazer Tagblatt, 22.7.1914, 13. 154 Nach dem Demarche-Rummel, in: Arbeiterwille, 15.7.1914, 3. 155 Der Schritt der österreichisch-ungarischen Regierung in Belgrad, in: Grazer Tagblatt, 22.7.1914, 13. 156 Ebd. 157 Moll (2014), 39.
zurück zum  Buch Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße"
Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Graz 1914