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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 118 -
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| Sarajevoer Attentat und Graz118 dert, steht doch noch dahin“.242 Das galt auch für den Arbeiterwillen, der konträr zu den bürgerlichen Redaktionen glaubte, die russische Politik in „friedenslie- bende“ und „kriegerische“ Kräfte aufschlüsseln zu können: „Der Krieg zwischen Österreich-Ungarn und Serbien hat begonnen. Ob er auf diese zwei Staaten beschränkt bleiben wird, wer kann es sagen? Zur Stunde weiß niemand, wohin sich die schwankende Politik Rußlands neigen wird. England und Deutschland sind be- müht, den Krieg zu lokalisieren. In Berlin ist man der Meinung, daß diese Bemühungen von Erfolg begleitet sein werden. Der Jahrzehnte alte Haß Rußlands gegen Österreich- Ungarn, die wütende Agitation der Panslawisten und Großrussen ringen mit den Ge- mäßigten: Welche Strömung in den Kreisen der russischen Staatsmänner die Oberhand gewinnt, die gemäßigte oder die nationalistische, das wird die Entscheidung über Krieg und Frieden in dem waffenstarrenden Europa bringen.“243 Derartige Einschätzungen und Spekulationen endeten mit der dezidierten Nach- richt von der russischen Generalmobilmachung. Von nun an setzte auch im Arbei- terwillen die Zarenverurteilung entlang traditioneller Feindfiguren ein. Das rus- sische Herrschaftshaus fernab der russischen Kunstavantgarde (Literatur, Musik, Ballett, Malerei) galt seit Jahren als „Hort der Reaktion“. Und diesen „Hort“ skan- dalisierte und diffamierte der Arbeiterwille nun zunehmend. Er sprach vom „asia- tischen Ungeheuer“, von der „asiatischen Barbarei“, der „halbasiatischen Barbarei“, vom „zaristischen Absolutismus“, vom „fluchbeladenen Zarismus“, vom „Blutzar“ und von vielem mehr.244 Abseits der Zahl seiner Presseattacken auf den Zaren stieg seine Hoffnung, dass es zu keinem größeren Krieg kommen werde.245 Diese Hoff- nung hegten auch die bürgerlichen Zeitungen. Aus der Retrospektive lässt sich daher sagen, dass die bürgerlichen Redaktionen seit dem Attentat einen härteren Kurs gegenüber Serbien und seit Mitte Juli auch ein feldzugartigen „Serbienkrieg“ forderten. Einen europäischen „Weltkrieg“ forderten sie dagegen nicht. Schließlich hoffte jede der Grazer Redaktionen, dass Frankreich und Großbritannien nicht in 242 Ebd. 243 Der Tag der Kriegserklärung!, in: Arbeiterwille, 29.7.1914, 1. 244 Stellvertretend für eine Vielzahl: Ganz Europa in Bewegung!, in: Arbeiterwille, 6.8.1914, 1. 245 Die ersten Kämpfe an der Save, in: Arbeiterwille, 30.7.1914, 1: „Die Ablehnung des englischen Vermittlungsvorschlages durch Deutschland hat die Hoffnungen auf Lokalisierung des Krieges etwas vermindert. Solange Deutschland, England und Frankreich für die möglichste Begren- zung des Brandherdes tätig sind, solange ist Rußland ohnmächtig. Die Rettung Europas vor der Kriegsfurie liegt in der Hand der drei Mächte. Haben sie genug Kulturwissen und bändigen sie den Zarismus, dann ist der Weltfriede gesichert.“
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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