Seite - 136 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Innenstadt und
Bahnhof136
zur Nachbarstür eigentlich zu allen Zeiten in diesen Tagen praktizieren konnte,
erwies sich der Griff zum Telefon bald als nutzlos. Zu Kriegsbeginn wurde der
interurbane Privattelefonverkehr von und nach Graz zur Gänze unterbunden.7
Ein derartiges Abschalten der Telefone ereignete sich (nach dem am 31. Juli kai-
serlich verkündeten „Zustand der drohenden Kriegsgefahr“) beispielsweise auch
in Freiburg im Breisgau. Dort kappte man nicht nur die Telefon- und Telegra-
fenverbindungen nach draußen, sondern schloss zu Kriegsbeginn (1. August)
auch die Grenze zur Schweiz, stellte den Bahnverkehr unter militärische Kont-
rolle und untersagte Autos die Ausfahrt aus der Stadt.8 Der private Telefonverkehr
in Graz blieb über Wochen hinweg unterbrochen. Erst Anfang September wurde
der Telefonverkehr „innerhalb Steiermarks auf allen im hierseitigen Dienstberei-
che verlaufenden Telephonleitungen mit Ausnahme der Leitungen Wien–Triest,
Wien–Graz und Wien–Klagenfurt wieder zugelassen.“9 Demzufolge konnte man
zumindest die Leitungen nach Oberösterreich und Salzburg sowie jene rund um
Selzthal, Leoben und Bad Aussee in Anspruch nehmen. Vorrausetzung dafür war
aber ein Privatanschluss, denn die öffentlichen Sprechstellen blieben für Privat-
gespräche nach wie vor unterbunden. Mitte Oktober wurde dann der Privattele-
fonverkehr zwischen Wien und Graz mit Ausnahme der öffentlichen Sprechstel-
len wieder zugelassen. Private Ferngespräche zwischen Wien und den steirischen
Orten Radegrund, Weiz, St. Ruprecht a. d. Raab, Gleisdorf, Studenzen, Feldbach
und Gleichenberg waren erst seit November wieder möglich. Auch von dieser Re-
gelung blieben die öffentlichen Sprechstellen ausgeschlossen. Kurze Zeit später war
zwar wieder der private Fernsprechverkehr problemlos zwischen der Steiermark
einerseits und Klagenfurt, Ober- und Niederösterreich, Salzburg, Böhmen sowie
einigen Regionen Schlesiens und Mährens andererseits möglich (Die öffentlichen
Sprechstellen blieben jedoch weiterhin abgeschaltet). Das Telefonnetz war dem-
genden Telefonen berichtete auch das Volksblatt, siehe den Artikel: Unser Nachrichtendienst, in:
Grazer Volksblatt, 25.7.1914 (Abendausgabe), 3.
7 Der Telephonverkehr, in: Arbeiterwille, 30.7.1914, 3; Sperrung des privaten interurbanen Tele-
phonverkehres, in: Grazer Volksblatt, 1.8.1914, 4.
8 Chickering (2009), 67; Geinitz (1998), 146.
9 Der interurbane Privat-Telephonverkehr, in: Arbeiterwille, 1.9.1914 (Abendausgabe), 4. Das
Folgende stützt sich auf: Wiederaufnahme des privaten Telephonverkehres zwischen Graz und
Wien, in: Grazer Tagblatt, 14.10.1914 (Abendausgabe), 2; Wiederaufnahme des Fernsprechver-
kehres zwischen Wien und einigen steirischen Orten, in: Grazer Tagblatt, 3.11.1914 (2. Morgen-
ausgabe), 3; Wiederaufnahme des Privat-Fernsprechverkehres zwischen Niederösterreich und
Steiermark, in: Grazer Tagblatt, 13.11.1914 (2.
Morgenausgabe), 16; Freigabe des Privattelephon-
verkehres, in: Grazer Tagblatt, 14.11.1914 (Abendausgabe), 2; Der Privattelephonverkehr zwi-
schen Graz und Klagenfurt, in: Grazer Tagblatt, 19.11.1914 (2. Morgenausgabe), 3.
Graz 1914
Der Volkskrieg auf der Straße
- Titel
- Graz 1914
- Untertitel
- Der Volkskrieg auf der Straße
- Autor
- Bernhard Thonhofer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln- Weimar
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20569-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 510
- Schlagwörter
- Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Rahmenbedingungen 15
- Sarajevoer Attentat und Graz 69
- Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
- Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
- Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
- Intensive Julipolemik 88
- Der „Demarche-Rummel“ 99
- Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
- Fallende Börsenkurse 110
- Ultimatum an Serbien 112
- Lokalisierungsfrage 116
- Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
- Zur Trauerstimmung 122
- Innenstadt und Bahnhof 135
- Kein Telefonnetz 135
- Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
- Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
- Offengelegte Zeitungspolitik 151
- Unklare Mobilisierungsplakate 154
- Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
- Grazer „Feldlager“ 166
- Die letzten Tage im Juli 170
- Großbritannien und Italien 176
- Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
- Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
- Abschiedsszenen 194
- Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
- Ein „Denkmalfrevel“ 212
- Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
- Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
- Präventivzensur 227
- Erste „Soldatenerzählungen“ 234
- Grazer Frauenhilfskomitee 245
- Transportkolonne am Bahnhof 252
- Alltag und Einheitsprüfungen 257
- Arbeitslosigkeit 257
- Andrang auf die Geldinstitute 267
- Ausstattungsfrage und Postämter 276
- Hamsterkäufe 284
- Mietzins 299
- Kirchen und Friedhöfe 303
- Verlustlisten 318
- Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
- Ausschreitungen 333
- Demonstrationen vor Geschäften 340
- Über die „Sprachbereinigung“ 346
- Modeboykott 354
- Soldaten abseits der Truppe 363
- Neue Wachposten 374
- Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
- Pfadfinder und Wandervogel 389
- Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
- Diebstahl und Betrug 404
- Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
- Schlussbetrachtung 423
- Anhang 453