Seite - 160 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Innenstadt und
Bahnhof160
• „Voraussichtlich werden Sie zur Kriegsdienstleistung zugewiesen.“
• „Gänzlicher oder nahezu gänzlicher Mangel der Zähne hebt die Tauglichkeit auf.“
• „Da in der Kundmachung ausdrücklich die Erblindung beider Augen als Aus-
schließungsgrund genannt wird, kann mit Recht angenommen werden, daß der
Verlust eines Auges von der Meldung zur Musterung nicht enthebt.“
• „Bei der Musterung haben nicht zu erscheinen jene, die schon dermalen Land-
sturmdienst – auch ohne Waffen – aber sonst aktiven Militärdienst leisten.“
• „Die Tauglichkeit zum Waffendienste wird aufgehoben bei Kurzsichtigkeit mit
dem Fernpunktabstande unter 20 Zentimeter, bei Einjährig-Freiwilligen bis zu ei-
nem Fernpunktabstande von einschließlich 30 Zentimetern, [...].“
• „Es ist zweckmäßig, für alle Fälle zur Musterung zu erscheinen, da ja in den ein-
zelnen Gemeinden geteilte Ansichten herrschen. Der Anspruch auf die erwähnte
Begünstigung dürfte Ihnen auf Ersuchen zugesprochen werden.“
• „Wenn Sie rechtskräftig die Ausnahm[e]stellung des § 29 Wehrgesetzes genie[ß]
en, kann Ihnen dieselbe nicht genommen werden, wenn Sie in einem Nebenfache
inskribiert sind.“
• „Nach unserer Ansicht hat der Betreffende nicht einzurücken. Um ganz sicher zu
gehen, ist Anfrage bei dem Evidenzbeamten der Landwehr bei der Bezirkshaupt-
mannschaft an Ihrem Orte zu empfehlen.“
• „Die Musterung ändert nichts an der Pflicht zur Zahlung der Militärtaxe. Dies ist
eine Leistung statt der Militärübungen im Frieden, aber nicht statt der im Krieg.“124
Weitaus größer als der Andrang auf das Amtshaus war der Andrang der Soldaten
vor den Kasernen und vor der Universität.125 Überall dort, wo man sich zur Mus-
terung oder zur Einberufung melden musste, herrschte ein massives Gedränge.
Zudem verabschiedeten sich Verwandte und Bekannte von den Soldaten. Viele
der gemusterten Männer wurden nicht genommen. Gemäß den Ergebnissen der
Landsturmmusterungen im Ergänzungsbezirk Graz mussten sich während der ge-
124 Die Zitate stammen aus: Briefkasten der Schriftleitung, in: Grazer Tagblatt, 9.10.1914, 6; Brief-
kasten der Schriftleitung, in: Grazer Tagblatt, 11.10.1914, 23; Briefkasten der Schriftleitung, in:
Grazer Tagblatt, 27.10.1914 (2. Morgenausgabe), 7; Briefkasten der Schriftleitung, in: Grazer
Tagblatt, 10.11.1914 (2. Morgenausgabe), 12; Briefkasten der Schriftleitung, in: Grazer Tagblatt,
15.11.1914 (2. Morgenausgabe), 4; Briefkasten der Schriftleitung, in: Grazer Tagblatt, 29.11.1914
(2.
Morgenausgabe), 27. Die letzten drei Antworten stammen aus dem zweiten Kriegsjahr: Brief-
kasten, in: Grazer Volksblatt, 13.1.1915, 7; Briefkasten der Redaktion, in: Arbeiterwille, 27.1.1915,
7.
125 An den Meldungsstationen, in: Arbeiterwille, 27.7.1914 (Abendausgabe), 2; In ernster Zeit, in:
Grazer Tagblatt, 1.8.1914 (Abendausgabe), 2.
Graz 1914
Der Volkskrieg auf der Straße
- Titel
- Graz 1914
- Untertitel
- Der Volkskrieg auf der Straße
- Autor
- Bernhard Thonhofer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln- Weimar
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20569-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 510
- Schlagwörter
- Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Rahmenbedingungen 15
- Sarajevoer Attentat und Graz 69
- Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
- Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
- Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
- Intensive Julipolemik 88
- Der „Demarche-Rummel“ 99
- Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
- Fallende Börsenkurse 110
- Ultimatum an Serbien 112
- Lokalisierungsfrage 116
- Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
- Zur Trauerstimmung 122
- Innenstadt und Bahnhof 135
- Kein Telefonnetz 135
- Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
- Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
- Offengelegte Zeitungspolitik 151
- Unklare Mobilisierungsplakate 154
- Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
- Grazer „Feldlager“ 166
- Die letzten Tage im Juli 170
- Großbritannien und Italien 176
- Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
- Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
- Abschiedsszenen 194
- Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
- Ein „Denkmalfrevel“ 212
- Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
- Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
- Präventivzensur 227
- Erste „Soldatenerzählungen“ 234
- Grazer Frauenhilfskomitee 245
- Transportkolonne am Bahnhof 252
- Alltag und Einheitsprüfungen 257
- Arbeitslosigkeit 257
- Andrang auf die Geldinstitute 267
- Ausstattungsfrage und Postämter 276
- Hamsterkäufe 284
- Mietzins 299
- Kirchen und Friedhöfe 303
- Verlustlisten 318
- Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
- Ausschreitungen 333
- Demonstrationen vor Geschäften 340
- Über die „Sprachbereinigung“ 346
- Modeboykott 354
- Soldaten abseits der Truppe 363
- Neue Wachposten 374
- Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
- Pfadfinder und Wandervogel 389
- Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
- Diebstahl und Betrug 404
- Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
- Schlussbetrachtung 423
- Anhang 453