Seite - 172 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Bild der Seite - 172 -
Text der Seite - 172 -
| Innenstadt und
Bahnhof172
den zeitgenössischen Stadtplan189 verdeutlicht, dass die drei Strecken nahezu das
gesamte Stadtgebiet umfassten. Die folgenden Wegstrecken orientieren sich an den
heutigen Straßennamen:
• Das 2. bosnisch-herzegowische Infanterieregiment: Belgiergasse, Tegetthoffbrü-
cke, Neutorgasse, Wielandgasse, Grazbachgasse, Dietrichsteinplatz, Sparbersbach-
gasse, Mandellstraße, Kaiser-Josef-Platz, Glacis, Geidorfplatz, Körblergasse, Grill-
parzerstraße, Franckstraße, Bergmanngasse, Humboldtstraße, Wickenburggasse,
Keplerbrücke, Lendplatz, Volksgartenstraße, Elisabethinergasse und zurück in die
Kaserne.
• Das 7. Infanterieregiment: Annenstraße, Erzherzog-Johann-Brücke, Murgasse,
Hauptplatz, Sporgasse, Hofgasse, zur Burg, Burgtor, durch den Stadtpark, zum
Korpskommando, Opernring, Herrengasse, Albrechtgasse, Tegetthoffbrücke, Bel-
giergasse, Vorbeckgasse, Annenstraße und zurück in die Kaserne.
• Das 3. Landwehr-Infanterieregiment: Annenstraße, Babenbergerstraße, Kepler-
straße, Lendkai, Grieskai, Zweiglgasse, Griesplatz, Rösselmühlgasse, Lazarett-
gasse, Idlhofgasse, Ungergasse, Eggenberger-Gürtel, Annenstraße und zurück in
die Kaserne.
Dabei ist aus meiner Sicht der Zapfenstreichteilnahme des 2. bosn.-herzeg. Infan-
terieregiments besondere Bedeutung beizumessen, obgleich dieser Truppenkörper
die längere und unspektakulärere Wegstrecke abschritt. Schließlich sah sich das
mit dem roten (zur Paradeuniform gehörenden) und grauen (zur Felduniform ge-
hörenden) Fez ausgestattete Regiment seit den Badeni-Unruhen (1897) mit Verle-
gungswünschen, Boykott, Steinwurfattacken und Konzertabsagen konfrontiert.190
Die massiv getrübte Reputation der (vielfach, aber nicht ausschließlich muslimi-
schen) „Bosniaken“ spiegelte sich auch darin wider, dass man auf den wenigen
Zeichnungen, die die Grazer Presse im ersten Kriegsjahr produzierte, nur sehr
wenige „Bosniaken“ sah.191 Im Vordergrund standen unverkennbar das 27. Infan-
189 Siehe z. B. Coelln (31914).
190 Zu den Badeni-Unruhen voluminös: Sutter (22014). Daneben: Moll (2007b), 376 f., 383 f.; Hub-
bard (1984), 171 f. Zur Geschichte des 2. bosn.-herzeg. Infanterieregiments: Hinterstoisser/Neu-
mayer/Schmidl/Wohnout (2008).
191 Ein Beispiel aus dem ersten Kriegsjahr: Oesterreichisches Streifkorps an der Drina, in: Grazer
Volksblatt, 20.9.1914, 12. Im Jänner 1915 widmete die Kleine Zeitung den „Bosniaken“ ein im-
posantes Titelbild. Meiner Meinung nach präsentiert das Titelbild die „Bosniaken“ als sehr „stür-
misch“, entschlossen, gewaltsam und gnadenlos, zumal sie den Gegner auch mit Gewehrkolben
erschlagen. Vgl. Wie unsere Bosniaken kämpfen, in: Kleine Zeitung, 11.1.1915, 1. Zwei weitere
Zeichnungen, auf denen österreichische Soldaten den Gegner mit Gewehrkolben erschlagen,
Graz 1914
Der Volkskrieg auf der Straße
- Titel
- Graz 1914
- Untertitel
- Der Volkskrieg auf der Straße
- Autor
- Bernhard Thonhofer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln- Weimar
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20569-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 510
- Schlagwörter
- Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Rahmenbedingungen 15
- Sarajevoer Attentat und Graz 69
- Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
- Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
- Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
- Intensive Julipolemik 88
- Der „Demarche-Rummel“ 99
- Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
- Fallende Börsenkurse 110
- Ultimatum an Serbien 112
- Lokalisierungsfrage 116
- Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
- Zur Trauerstimmung 122
- Innenstadt und Bahnhof 135
- Kein Telefonnetz 135
- Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
- Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
- Offengelegte Zeitungspolitik 151
- Unklare Mobilisierungsplakate 154
- Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
- Grazer „Feldlager“ 166
- Die letzten Tage im Juli 170
- Großbritannien und Italien 176
- Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
- Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
- Abschiedsszenen 194
- Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
- Ein „Denkmalfrevel“ 212
- Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
- Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
- Präventivzensur 227
- Erste „Soldatenerzählungen“ 234
- Grazer Frauenhilfskomitee 245
- Transportkolonne am Bahnhof 252
- Alltag und Einheitsprüfungen 257
- Arbeitslosigkeit 257
- Andrang auf die Geldinstitute 267
- Ausstattungsfrage und Postämter 276
- Hamsterkäufe 284
- Mietzins 299
- Kirchen und Friedhöfe 303
- Verlustlisten 318
- Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
- Ausschreitungen 333
- Demonstrationen vor Geschäften 340
- Über die „Sprachbereinigung“ 346
- Modeboykott 354
- Soldaten abseits der Truppe 363
- Neue Wachposten 374
- Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
- Pfadfinder und Wandervogel 389
- Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
- Diebstahl und Betrug 404
- Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
- Schlussbetrachtung 423
- Anhang 453