Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 191 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 191 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße

Bild der Seite - 191 -

Bild der Seite - 191 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße

Text der Seite - 191 -

Nach dem Truppenabmarsch am 11. August | 191 „Der Zug bot ein ebenso malerisch als imposantes Bild. Neben dem Aristokraten sah man den Bürger, neben dem Landmanne den Arbeiter. Der Zug bewegte sich in großartiger Ordnung und rief bei den vielen Tausenden von Zuschauern große Begeisterung hervor.“294 Ähnlich wie in den Berichten über die „patriotischen“ Straßenumzüge von Ende Juli 1914 betonte die bürgerliche Presse auch in ihren Artikeln über den großen Truppenabmarsch von Mitte August die Spontanität jener Menschen, die auf die Straße gingen. Diese hätten sich „ohne Verabredung“295 am Hauptplatz eingefun- den. Der Verweis auf etwaige (zwanglose) Spontanität folgte dem Glauben, dass die in diesen Tagen frei gewordene „Volksseele“ nicht äußeren (wie beispielsweise politischen) Anweisungen gehorchen würde. Stattdessen verkörperte sie das „rein“ Authentische, was ferner die „Verteidigungsposition“ legitimierte. Die Schätzung der Kleine Zeitung von 30.000  Menschen stand in deutlicher Diskrepanz zu ihrem Titelbild „Aus bewegten Tagen – ein Bild ohne Worte“. Dies ist das einzige Pressebild, anhand dessen ein Grazer Truppenabmarsch mittels anonymer Federritzung interpretiert wurde. Es illustriert (konträr zu zeit- genössischen Fotografien)296 einen spärlich gefüllten Hauptplatz sowie eine – sieht man von den Soldaten ab – nahezu menschenleere Herrengasse. Dem Artikel zufolge boten „der Hauptplatz und alle anschließenden Gassen“ aber „kaum ein freies Plätzchen“ mehr.297 Die Differenz zwischen dem Bild und dem Artikel kann also größer nicht sein. Warum man die Zeichnung so gestaltete, bleibt fraglich. Mein Ansatz ist der, dass man dieses künstlerische Bild nur bedingt als Nieder- schlag historischer Gegebenheiten betrachten kann und soll. Vielleicht wollte man mit der Zeichnung nur unterstreichen, dass in diesen Zeiten der Soldat (und nicht der Zivilist) im Vordergrund zu stehen habe. Man sah den Zeitungsberichten zu- folge zahlreiche Menschen, Männer wie Frauen, Buben wie Mädchen, auf den Straßen der Stadt. Das Volksblatt fasste den Abmarsch folgendermaßen zusam- men: „Lachen und Weinen, Jubelrufe und stilles Grüßen begleitete die Soldaten bis zu den blumengeschmückten Waggons.“298 Die anwesende Bevölkerung brachte ihre freudigen Ovationen und Aufmunterungen nicht dem Krieg an sich entge- 294 Der Festzug, in: Grazer Volksblatt, 7.9.1908 (Abendausgabe), 2. 295 Eine überwältigende patriotische Kundgebung. (Zu unserem Titelbilde.), in: Kleine Zeitung, 13.8.1914, 3. 296 Siehe z.  B. eine entsprechende Fotografie in: Hochreiter (2009), 114. 297 Eine überwältigende patriotische Kundgebung. (Zu unserem Titelbilde.), in: Kleine Zeitung, 13.8.1914, 3. 298 Abschied!, in: Grazer Volksblatt, 11.8.1914 (12-Uhr-Ausgabe), 2. Der lange Artikel „Abschied!“ stellt das zentrale Truppenabmarsch-Stimmungsbild des Grazer Volksblatts dar (siehe unten).
zurück zum  Buch Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße"
Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Graz 1914