Seite - 208 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Innenstadt und
Bahnhof208
im Hotel Erzherzog Johann, im Grand-Hotel Wiesler sowie an einigen anderen
Orten.372 Einige der Veranstaltungen, wie zum Beispiel die für 17. August im Café
Hilmteich angesetzte Kaiserfeier, mussten wegen der schlechten Witterung auf
den 19.
August verschoben werden.373 Im Rahmen der Kaiserfeiern verordnete der
Regierungskommissär Anton Underrain von Meysing die Beflaggung der Stadt.374
Wie sehr man diesem Aufruf, der nicht nur an die öffentlichen Gebäude erging,
nachkam, lässt sich nur abschätzen. Die staatlichen und staatsnahen Gebäude
waren zweifelsohne beflaggt. Anscheinend waren im ersten Kriegsjahr dennoch
mehr Wohnhäuser und Geschäfte mit Fahnen geschmückt als im Vorjahr. Hieß es
1913 noch „[e]inige“375 Gebäude, sprachen die bürgerlichen Zeitungsredaktionen
jetzt mehrmals von „vielen“ Gebäuden. Diese Wortwahl ist nicht allein auf den
Kriegszustand zurückzuführen, wenngleich die Redaktionen von sich aus in vie-
lerlei Hinsicht zu Mobilisierungszwecken übertrieben. Nichtsdestotrotz blieb die
Beflaggung mehr auf die inneren Stadtgebiete beschränkt.376 Schon am Nachmittag
des 17. August hängten „viele Hausbesitzer und Wohnparteien, ebenso zahlreiche
Geschäftsinhaber“ Fahnen auf.377 Abseits der schwarz-gelben und der grün-wei-
ßen Farben sah man in diesem Jahr die deutschen Reichsfarben. Zudem erwei-
terte sich das Farbenspektrum der Fahnen infolge des Ablebens von Papst Pius X.
(20.
August).378 Anlässlich der Kaiserfeiern wurden auch Militärautos mit Blättern
und Kränzen geschmückt. Ferner stellten viele mittelständische Geschäfte – so-
fern dies nicht schon zuvor geschehen war – Kaiserbüsten oder Kaiserbilder in die
372 Ich stütze mich diesbezüglich auf folgende Artikel: Patriotische Wohltätigkeits-Akademie für das
„Rote Kreuz“, in: Grazer Montags-Zeitung, 10.8.1914, [ohne Seitenangabe]; Kaiserhuldigungs-
feier der Mädchenvolksschule in der Nibelungengasse, in: Grazer Tagblatt, 18.8.1914 (Abend-
ausgabe), 2; Kaisers Geburtstag, in: Grazer Tagblatt, 18.8.1914 (Abendausgabe), 2; Kaiserfeier am
Hilmteich, in: Grazer Volksblatt, 19.8.1914, 5; Kaiserfeier, in: Grazer Mittags-Zeitung, 19.8.1914,
3; Kaiserhuldigung im Staatsbeamtenkasino in Graz, in: Grazer Volksblatt, 20.8.1914 (12-Uhr-
Ausgabe), 7; Wetzelsdorf. (Kaiserfeier), in: Grazer Vorortezeitung, 23.8.1914, 1.
373 Vgl. z. B. Das Kaiserfest beim Hilmteich, in: Grazer Tagblatt, 18.8.1914, 12.
374 An die Mitbürger von Graz!, in: Grazer Tagblatt, 17.8.1914 (Abendausgabe), 2.
375 Kaisers Geburtstag, in: Grazer Tagblatt, 18.8.1913 (Abendausgabe), 3: „Einige Gebäude tragen
Fahnenschmuck.“
376 Am Vorabend von Kaisers Geburtstag, in: Grazer Tagblatt, 18.8.1914, 2: „Besonders in der inne-
ren Stadt waren die Häuser festlich beflaggt.“
377 Ebd.
378 Hirtenschreiben des Grazer Bischofs vom 21.8.1914, in: Kirchliches Verordnungs-Blatt für
die Seckauer Diözese (1914), Nr. 8, 71–74. Ein Abriss über das Hirtenschreiben in: Achleitner
(1997), 207 f.
Graz 1914
Der Volkskrieg auf der Straße
- Titel
- Graz 1914
- Untertitel
- Der Volkskrieg auf der Straße
- Autor
- Bernhard Thonhofer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln- Weimar
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20569-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 510
- Schlagwörter
- Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Rahmenbedingungen 15
- Sarajevoer Attentat und Graz 69
- Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
- Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
- Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
- Intensive Julipolemik 88
- Der „Demarche-Rummel“ 99
- Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
- Fallende Börsenkurse 110
- Ultimatum an Serbien 112
- Lokalisierungsfrage 116
- Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
- Zur Trauerstimmung 122
- Innenstadt und Bahnhof 135
- Kein Telefonnetz 135
- Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
- Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
- Offengelegte Zeitungspolitik 151
- Unklare Mobilisierungsplakate 154
- Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
- Grazer „Feldlager“ 166
- Die letzten Tage im Juli 170
- Großbritannien und Italien 176
- Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
- Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
- Abschiedsszenen 194
- Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
- Ein „Denkmalfrevel“ 212
- Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
- Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
- Präventivzensur 227
- Erste „Soldatenerzählungen“ 234
- Grazer Frauenhilfskomitee 245
- Transportkolonne am Bahnhof 252
- Alltag und Einheitsprüfungen 257
- Arbeitslosigkeit 257
- Andrang auf die Geldinstitute 267
- Ausstattungsfrage und Postämter 276
- Hamsterkäufe 284
- Mietzins 299
- Kirchen und Friedhöfe 303
- Verlustlisten 318
- Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
- Ausschreitungen 333
- Demonstrationen vor Geschäften 340
- Über die „Sprachbereinigung“ 346
- Modeboykott 354
- Soldaten abseits der Truppe 363
- Neue Wachposten 374
- Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
- Pfadfinder und Wandervogel 389
- Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
- Diebstahl und Betrug 404
- Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
- Schlussbetrachtung 423
- Anhang 453