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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 233 -
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Präventivzensur | 233 Programm war ebenso Bestandteil der Pressepolemik.519 Während sich die Inten- sität des in der Grazer Presse ausgetragenen Nationalitätenkonflikts verschärfte, erfuhren die Attacken gegen die Sozialdemokratie im August und September eine Reduktion. Allerdings fand sich im ersten Kriegsjahr im Arbeiterwillen unentwegt der Aufruf: „Arbeiter, abonniert den täglichen ‚Arbeiterwille‘! Vertreibt die arbei- terfeindliche Presse aus euren Wohnungen.“520 Auch die bürgerlichen Zeitungen warben mit Vehemenz für ihre Zeitungen, Vereine und Organisationen. Im Tag- blatt fand sich zum Beispiel mehrmals der Appell, dass man den radikal deutsch- nationalen „Schutzvereinen“521 (Südmark und Deutscher Schulverein) beitreten sollte: „Deutsche erfüllet eure deutsche Pflicht und tretet den deutschen Schutz- vereinen bei“.522 Die Grazer Zeitungslandschaft war somit nie (jedenfalls nicht in den ersten Kriegsmonaten) einer omnipotenten, omnipräsenten und streng ge- handhabten Präventivzensur unterworfen. Ebenso wenig waren die Zeitungen und Zeitschriften „gleichgeschaltete“523 Marionetten des Staats (z.  B. des Kriegsüber- wachungsamts). Vielmehr blieben sie Politakteure und professionelle Meinungs- anbieter, die ihre verbliebenen Handlungsressourcen524 entlang ihrer eigenen, teils inkohärenten Politvorstellungen und Politinteressen (im nationalen, im sozialen, im ökonomischen Sinne etc.) ausschöpften. Die journalistischen „Waffen“, mit denen die Redaktionen zumindest versuchten, die eigenen Standpunkte durch- zusetzen und für die eigene Sache zu mobilisieren, wurden täglich eingesetzt. Es wurde berichtet, erzählt, analysiert, aufgedeckt, ausgeblendet, behauptet, fingiert, gelogen, übertrieben, verharmlost, gefordert, ermahnt, kritisiert, polemisiert, be- schwichtigt, beruhigt, empfohlen, alarmiert, geantwortet, unterstellt, insinuiert, skandalisiert, diffamiert, kriminalisiert, ruiniert und vieles mehr. Zudem mussten die Zeitungen Geld verdienen und mehr denn je den Leser und die Leserin an sich 519 In der Rubrik „Theater, Kunst und Musik“ des Volksblatts hieß es beispielsweise: „Dem Sozialis- mus verschriebene Aufruhr- und materialistische Elendkunst, den Franzosen nachäffende Ero- tik, Impressionismus, volksfremdes Artistentum galten als Kennzeichen des echten Genies.“ Aus: Sudermann und Costa, in: Grazer Volksblatt, 13.10.1914, 5. 520 Vgl. z.  B. den normierten und unzählige Male im Arbeiterwillen abgedruckten Slogan: Arbeiter, abonniert den täglichen „Arbeiterwille“! Vertreibt die arbeiterfeindliche Presse aus euren Woh- nungen!, in: Arbeiterwille, 9.8.1914, 6. 521 Sie verstanden sich selbst als „Schutzvereine“. 522 Vgl. z.  B. den normierten und unzählige Male im Tagblatt abgedruckten Slogan: Deutsche erfüllet eure deutsche Pflicht und tretet den deutschen Schutzvereinen bei!, in: Grazer Tagblatt, 3.10.1914 (2.  Morgenausgabe), 3. 523 Der Begriff „Gleichschaltung“ entstammt dem rhetorischen Repertoire des Nationalsozialismus. 524 Ich denke hier sowohl an die äußere als auch an die „innere“ Zensur, vgl. auch: Leonhard (2014), 383.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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