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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 243 -
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Erste „Soldatenerzählungen“ | 243 Der Grazer „Septemberschock“575 erfuhr durch die Anfang September am Haupt- sowie am Staatsbahnhof ankommenden Zivilinternierten eine weitere Dimension. Nach ihrer (jeweiligen) Ankunft in Graz wurden die (zwangsdeportierten) Zivilin- ternierten mit der Bahn nach Abtissendorf (nahe Graz) gebracht, wo sie in einem damals erst in Entstehung begriffenen Lager für Kriegsgefangene und Zivilinter- nierte eingesperrt wurden. Die Presse druckte mehrere Presseaussendungen der BH  Graz, die die Grazer Bevölkerung zur Teilnahme an der „Verfolgung allfälliger Flüchtlinge“ aus dem k.  k.  Zivilinterniertenlager (am) Thalerhof aufforderten.576 Ebenso berichteten die Zeitungen von geflohenen und wieder eingefangenen Zi- vilinternierten577 (und Kriegsgefangenen). Im September betrachteten viele die Zivilinternierten als „Landesverräter“ und „Russophile“.578 Sie wurden demnach – so der damalige Tenor – zu Recht als politische Gefangene festgehalten.579 Den zivilinternierten Staatsangehörigen der Habsburgermonarchie wurde vielfach Ag- gression und Abscheu entgegengebracht: „Ich [Peter Rosegger] ging diese Leute nicht anschauen, ließ mir aber erzählen, daß ganze Züge davon voll seien: Krämer, Eisenbahnbeamte, Bauern, Popen, Weiber wie Männer. Viele kraß markante Gesichter mit dem Gemisch von teuflischem Haß und grinsender Kriecherei. Andere starren stumpf und blöde vor sich hin. Unser Volk, das früher die durchziehenden Soldaten mit Jubel und Spenden überhäuft hat, steht diesen widerwärtigen, grauenhaften Erscheinungen mit Bestürzung und schweigendem Zorne gegenüber. Die Schurken aus dem Osten!“580 Der Arbeiterwille war eigentlich die einzige Grazer Zeitung, die die Zivilinternier- ten nicht ausschließlich (!) als „Vaterlandsverräter“ kriminalisierte. Am 5.  Septem- ber schrieb er zum Beispiel, dass sich die Zivilinternierten in Galizien „verdächtig“ gemacht hätten, weswegen sie zu Recht in Verwahrungshaft/Kriegsquarantäne ge- nommen wurden.581 Am 14.  September schrieb er wieder, dass die Menschen am Thalerhof „Opfer des Krieges [seien], denn auf ihrer heimatlichen Scholle wütet 575 Begriff nach Oswald Überegger (2002), 263. 576 Behördliche Maßnahmen zur Absperrung und Überwachung der politischen Gefangenen auf dem Thalerhof, in: Grazer Tagblatt, 10.9.1914 (Abendausgabe), 2. 577 Ein Flüchtling vom Thalerhof bei Peggau festgenommen, in: Grazer Tagblatt, 10.11.1914 (Abend- ausgabe), 2; Festnahme eines Flüchtlings vom Thalerhof, in: Grazer Tagblatt, 16.12.1914 (2.  Mor- genausgabe), 3. 578 1000 galizische Landesverräter bei Graz interniert, in: Grazer Tagblatt, 5.9.1914, 11. 579 Die politischen Gefangenen am Thalerhofe, in: Grazer Tagblatt, 9.9.1914, 4. 580 Heimgärtners Tagebuch, in: Heimgarten (1914), Nr.  2, 133. 581 Eine Kriegsquarantäne, in: Arbeiterwille, 5.9.1914, 3.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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