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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 263 -
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Arbeitslosigkeit | 263 Österreichischen Waffenfabrik in Steyr die Arbeit nieder.42 Und im Mai 1915 tra- ten weite Teile der Arbeiterschaft des Bergbaues Seegraben in einen (zweitägigen) Streik, in dessen Folge zwölf Streikführer verhaftet wurden.43 Das Verhältnis zwi- schen der Stadt und dem Land verschärfte sich nicht nur durch die Art und Weise, wie manche Leute die Arbeitsmigration wahrnahmen bzw. mit dieser umgingen, sondern auch durch die Hamsterfahrten aufs Land. Bereits im August 1914 zogen mehrere Frauen und Männer aufs Land, um dort an Lebensmittel und Brennholz heranzukommen (Kauf, Tauschhandel, Diebstahl). Im Arbeiterwillen hieß es dazu einmal: Aufgrund der Arbeitslosigkeit und der steigenden Lebensmittelpreise gin- gen im August 1914 „mehrere Arbeiter und Arbeiterinnen in die Wälder der Besit- zer und Herrschaften [rund um Krieglach] Klaubholz und Beeren sammeln.“44 Sie dachten sich, so die Parteinahme des Arbeiterwillens, dass dies in den „schlechten Zeiten“ erlaubt sei, aber einige „Besitzer und Jäger schrien mit den Arbeitern wie besessen, verjagten sie und rannten zur Gemeindevorstehung und verlangten die Herausgabe eines öffentlichen Verbotes für das Holz- und Beerensammeln unter durchschnittlich 713 Streiks (in 3.337 Betrieben) pro Jahr zustande. In den ersten fünf Kriegs- monaten streikte man hauptsächlich in der Bergbauindustrie. Dort entstanden zwischen August und Dezember 1914 fünf Streiks, an denen sich 3.220 Menschen beteiligten. Die cisleithanische Textilbranche verzeichnete im selben Zeitraum drei Streiks. Zeitgleich kam es im Handelssektor zu drei Streiks. Als Streikursachen galten in der Regel die Lohnverhältnisse und die Arbeitszeit in den jeweiligen Betrieben. Zudem streikten in den ersten fünf Kriegsmonaten überwiegend mehr Männer (95,8  %) als Frauen (4,2  %). Im weiteren Kriegsverlauf veränderten sich diese Prozent- zahlen massiv: 1915 (15,8  % Frauenanteil an den Streiks), 1916 (23,6  %) und 1917 (23,7  %). Hier- für waren mindestens zwei Gründe ausschlaggebend. Erstens führte das Abziehen vieler Männer an die Front zu einem höheren Frauenanteil in vielen (aber nicht in allen) Betriebsbranchen. Zweitens fielen anfänglich nur Männer unter das Kriegsleistungsgesetz. Im Großen und Ganzen waren die ersten Kriegsstreiks erfolgloser als diejenigen der Friedensjahre. Zwischen 1904 und 1913 blieben durchschnittlich 31  % erfolglos. In 69  % der Fälle verbuchten die Streikenden zu- mindest Teilerfolge. In den ersten fünf Kriegsmonaten erzielten rund 55,5  % aller Streikenden Teilerfolge. Die restlichen Streiks gingen gänzlich erfolglos aus. Die Erfolgsquote der Streikenden verschlechterte sich daher in den ersten fünf Kriegsmonaten. Dieser Trend setzte sich im weite- ren Verlauf des (Ersten) Weltkriegs nicht fort. 1915 erreichten 71,8  % der Streiks (wenigstens) einen Teilerfolg. 1916 waren es bereits 75,6  %. 1917 erzielten 83,3  % der Streiks einen Erfolg. Vgl. Boleslawski (1919). Zu den anfänglich wenigen und schwachen Kriegsstreiks liegen unter- schiedliche Quellen und Angaben vor. Abseits der hier herangezogenen Abhandlung von Richard Boleslawski vgl. insbesondere die Fachliteratur: Hautmann (1987); Grandner (1992). Zudem die Streik-Statistik in: Rumpler/Schmied-Kowarzik (2014), 311  f. 42 Vgl. hierfür die editierten Quellen von: Neck (1964), 3–8. 43 Vgl. hierfür die editierten Quellen von: Neck (1964), 14–27, 41  f. 44 Krieglach, in: Arbeiterwille, 2.10.1914, 4.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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