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Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 285 -
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Hamsterkäufe | 285 ren sozialen Schichten die Hamsterkäufe unternahmen.190 Dabei kann allgemein festgehalten werden, dass während der gesamten Kriegszeit das (immer wieder auftauchende) Hamstern primär eine Angelegenheit von Frauen („Hausfrauen“191) war. Während man sich in den späteren Kriegsmonaten bereits nachts anstellen musste (sofern es überhaupt etwas zu hamstern gab), blieb in den ersten Kriegsta- gen das Hamstern auf die (frühen) Morgenstunden und den Vormittag beschränkt.192In der Regel verwehren zwar ein geringer Lohn oder Zahlungsunfä- higkeit (Arbeitslosigkeit) den Einkauf in größen Mengen bzw. auf Vorrat, nur gilt es hierbei die Abhebungen auf den Geldinstituten zu berücksichtigen. Dass die Hamsterkäufe nach einer Woche aufhörten, hing nicht nur mit der verordneten Einschränkung des Detailkaufs zusammen (siehe unten), sondern resultierte auch daraus, dass man der Preissteigerung machtlos gegenüberstand. Außerdem sah man ein, dass bestimmte Lebensmittel, die gehamstert wurden, verdarben. Des Weiteren realisierte man, dass die vielfach diskutierte Versorgungskrise (noch) nicht maßgeblich spürbar war. Ebenso wenig veränderte sich in den ersten Kriegs- wochen das Konsumverhalten. Zwar kam es zu einem reduzierten Warenangebot und einem geringeren Verbrauch, aber man aß noch keine Krähen, Raben oder Eichhörnchen („Stadtpark-Hansi“).193 Erste drastische Geschmacksanpassungen fielen in den Oktober 1914, als der Staat die Streckung des Brotgetreides mit Mais-, Gersten- und Kartoffelmehl anordnete (Kriegsbrot).194 In den darauffolgenden Monaten verringerten sich die Lebenschancen mehr und mehr auf bloße Überle- benschancen. Wöchentlich kamen neue Versorgungsengpässe, wie zum Beispiel der spürbare Mangel an Eiern, hinzu.195 Wenngleich erste Ersatzempfehlungen, wie beispielsweise der Tee-Ersatz196, bereits im September erfolgten, häuften sich 190 Verhey (2000), 90. Eine regionale Ausnahme stellte anscheinend der Raum Bergisch Gladbach dar, zumal dort vorwiegend wohlhabendere Frauen hamsterten, vgl. Schröder (2007), 21  f. 191 Eine Mahnung an die einkaufenden Frauen, in: Arbeiterwille, 4.1.1915 (Abendausgabe), 3. 192 Vgl. für die späteren Kriegsjahre: Das [nächtliche] Anstellen eine schwere Gesundheitsschädi- gung für die Schuljugend, in: Grazer Tagblatt, 3.11.1917 (Abendausgabe), 3; Gegen das Anstellen, in: Grazer Tagblatt, 4.11.1917, 15. 193 Zur Dikussion rund um den „Stadtpark-Hansi“ vgl. Schutz den Eichhörnchen im Stadtpark, in: Grazer Tagblatt, 7.11.1914 (2.  Morgenausgabe), 3; Der Österreichische Bund der Vogelfreunde in Graz, in: Grazer Tagblatt, 10.11.1914 (2.  Morgenausgabe), 3; Zum Schutze der Eichhörnchen im Grazer Stadtparke, in: Grazer Tagblatt, 13.11.1914 (Abendausgabe), 3; Eichhörnchen und insek- tenvertilgende Vögel, in: Grazer Tagblatt, 20.11.1914 (2.  Morgenausgabe), 3. Zum überregionalen Hintergrund: Cronier (2007), 97. 194 Zur Lebensmittelsituation vgl. insbesondere: Moll (2010); Weber (2000), des Weiteren: Vogl (2014), 109–125. 195 Eiernot, in: Grazer Tagblatt, 3.11.1914 (2.  Morgenausgabe), 2. 196 Tee-Ersatz durch Besseres, in: Grazer Tagblatt, 25.9.1914, 5.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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