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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 320 -
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| Alltag und Einheitsprüfungen320 so sehr um die Frage, wie der Krieg an der Grazer „Heimatfront“ ideologisch ge- führt werden sollte. Auf diese Frage antworteten die professionell-journalistischen Meinungsanbieter sehr schnell und normgebend (bzw. ihrem eigenen „Parteipro- gramm“ entsprechend). Hier geht es mir mehr um die verwaltungstechnischen und militärorganisatorischen Fragen, die sich jede Zivilperson und jeder Soldat stellen musste. Habe ich Anrecht auf Unterstützungszahlungen? Muss ich einrücken? Ist mein Erspartes sicher? Werden die Lebensmittel teurer? Ist mein Arbeitsplatz si- cher? Kommt meine Post an? Diese Fragen schlugen sich pausenlos in den Grazer Quellen nieder. Wie liest man beispielsweise die in den Zeitungen abgedruckten Landkarten von der Front?375 Fragen wie diese wurden in den Zeitungen nicht nur einmal gestellt und beantwortet. In Wahrheit mussten sie mehrfach aufgerollt werden. Es liegt auf der Hand, dass die Zurückbleibenden zutiefst in Sorge über den Verbleib ihrer geliebten Menschen lebten (Verbleibfrage). Viele von ihnen suchten daher in den „Gotteshäusern“ Trost und Hoffnung, zumal der Umstand, dass die Listen fehleranfällig waren, gewiss unerträglich war. Ebenso unangenehm und „nervenaufreibend“ stellte sich das Warten auf den Postboten dar. Die Hoff- nung, dass er kein offizielles Militärtelegramm, das über das Ableben eines Solda- ten berichtete, bringen würde, war groß.376 Nicht wenige der Daheimgebliebenen versuchten daher, dem bangen Warten auf ein Lebenszeichen (Feldpostbrief) ein Ende zu bereiten, indem sie sich an den Postschalter oder an die Presse wandten. Beiden Institutionen addizierte man in dieser Hinsicht einen Wissensvorsprung, der Antworten auf quälende Fragen bieten konnte. Das radikal deutschnationale Tagblatt gab dazu folgenden Kommentar ab: „Von vielen Seiten kommen uns von Verwandten im Felde stehender Angehörigen des heimischen, d.  h. 3.  Armeekorps wegen des Schicksals ihrer Lieben Anfragen zu, die Zeugnis geben von der in die- sen Kreisen herrschenden und durch die fortdauernde Ungewißheit sich stets stei- gernden Besorgnis.“377 Ein Teil dieser Anfragen schlug sich in der jeweiligen Brief- kastenrubrik der einzelnen Redaktionen nieder. Dort finden sich seit September 1914 viele redaktionelle Hilfestellungen bezüglich der Frage nach dem Verbleib eines bestimmten Soldaten. Außerdem erläuterte die Presse, wie die militärische Benachrichtigungsprozedur im Falle eines Soldatentods im Normalfall aussah: „Bei eingetretenem Tode erfolgt meist eine sofortige telegraphische Verständigung der Angehörigen, sonst nicht.“378 Genauso wie die Presseantworten auf die Frage, 375 Wie weit ist es?, in: Arbeiterwille, 3.3.1915, 5. 376 Mir ist unklar, auf welche Weise die Daheimgebliebenen vom Ableben einer an der Front arbei- tenden Krankenschwester erfuhren. Sie scheinen bekanntlich auch nicht in den Verlustlisten auf. 377 Zur Beruhigung, in: Grazer Tagblatt, 9.9.1914 (Abendausgabe), 2. 378 Briefkasten der Schriftleitung, in: Grazer Tagblatt, 5.9.1914, 4.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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