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Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 324 -
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| Alltag und Einheitsprüfungen324 hatte (zeitgenössisch: „Spionitis“ oder „Spionenfurcht“).391 Die Furcht, dass die Steiermark von feindlich gesinnten Slowenen und Serben, Männern wie Frauen, unterwandert sei, verspürten bereits vor dem Krieg mit Serbien viele „deutsche“ Steirerinnen und Steirer.392 Diese Infiltrationsängste vor einem antideutschen „Spinnennetz“ („Feinde ringsum“393), das sich angeblich seit Jahren über die Stei- ermark gebildet habe, führte aber zu keiner massenhaften Fluchtbewegung der steirischen Bevölkerung gegen den „sicheren“ Norden hin. Auch in Graz blieben die Menschen in der Stadt mit Ausnahme derer, die infolge von Erwerbslosigkeit eine Arbeit außerhalb der Stadt suchten. In den ersten Kriegswochen lassen sich daher keine maßgeblichen Invasions- und/oder Besatzungsängste, geschweige denn Deportationsängste, innerhalb der Grazer Bevölkerung greifen. Stattdes- sen machte sich eine Angst vor einer „(süd)slawischen“ Infiltration des eigenen Kronlands breit, die in vielerlei Hinsicht den steirischen Nationalitätenkonflikt verschärfte. Ferner führte die Angst vor Spionen und „Serbenfreunden“ diejeni- gen Menschen zusammen, die diese Angst verspürten. Im Endeffekt verhielt es sich hierbei wie mit der bereits beschriebenen Furcht vor Russland. Man ängstigte sich zwar nicht davor, dass der „Russe“ nach Graz kommen würde (zumindest nicht in den ersten Kriegswochen). Aber es steht außer Frage, dass die Abscheu und Angst vor dem Zaren viele Menschen „zusammenschweißte“. Die Zeitungen waren seit dem Sarajevoer Attentat voll von Berichten über verhaftete oder ent- kommene Spione und „Serbenfreunde“. Blieben derartige Meldungen anfänglich noch auf Fälle in der „Untersteiermark“ beschränkt, brachten die Redaktionen seit Mitte Juli zunehmend Grazer Fälle. Einen Tag vor dem ersten großen Truppenab- marsch aus Graz (11.  August) berichteten beispielsweise viele Tageszeitungen von einem Mann, der sich in der Nähe des Hautbahnhofs bei einem dort arbeitenden Heizer „über die Stationsanlagen und den Zugverkehr“394 informierte. Die Fra- gen kamen dem Heizer bedenklich vor, weswegen der Unbekannte („ein frem- der Mann“395) letztendlich der Polizei übergeben wurde. Was in weiterer Folge mit ihm passierte, verschwieg die Presse, aber für sie stand fest, dass er ein Spion war, der den strategisch wichtigen Bahnhof observierte. Der Spionage verdächtig oder Für Großbritannien: Müller (2002), 79; Farrar Jr. (1992). Für Tirol: Überegger (2014), 45  f. und (2007). 391 Die Zitate stammen aus: Man muß doch menschlich sein!, in: Arbeiterwille, 15.8.1914, 2; Spio- nage und Spionenfurcht, in: Arbeiterwille, 9.8.1914, 1. 392 Ausführlich dazu: Moll (2007a), 235–250 und (2001). 393 Siehe das Kapitel: Zur Trauerstimmung. 394 Verhaftete Spione, in: Grazer Tagblatt, 10.8.1914 (Abendausgabe), 3. 395 Ebd.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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