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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 325 -
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Infiltrierendes „Spinnennetz“ | 325 schuldig machten sich auch Frauen. Man kann sogar sagen, dass der erste „Spion“, der infolge des Sarajevoer Attentats festgenommen wurde, eine Frau war.396 Grund für ihre Verhaftung bot die Tatsache, dass sie sich auf einer Zugfahrt allzu auffällig über etwaige Militäranlagen in der Region informierte. Hierbei handelte es sich nicht um einen (publizierten) Einzelfall. Die Zeitungen berichteten regelmäßig über ausländische Fälle, wo weibliche „Spione“ entkamen, drangsaliert wurden und/oder verhaftet wurden.397 Zudem gab es in der Steiermark mehrere Frauen, die letztendlich zu Unrecht als Spione angehalten wurden. Die zeitgenössische An- nahme, dass quasi alle Frauen Spioninnen sein konnten, erfuhr freilich durch die offiziellen k.  u.  k.  Kriegsmeldungen von serbischen „Partisaninnen“ eine Zunahme an Brisanz. Diese Fälle – aus heutiger Sicht können diese hauptsächlich als Legen- den abgetan werden – führten den Grazern und Grazerinnen vor Augen, dass es nicht nur möglich war, dass Frauen Spione sein konnten, sondern dass serbische Frauen und Mädchen bereits Bomben unter ihren Kleidern versteckten und so unbemerkt Attentate auf die k.  u.  k.  Armee begingen. Der Glaube, dass diese Fälle auch in der Steiermark geschehen könnten, war weit verbreitet. Selbst die steiri- schen Behörden warnten mehrmals explizit vor Spioninnen, die sich bereits in der Steiermark aufhalten würden. Gemeinsam ist diesen Warnungen, dass die steiri- sche Bevölkerung vor allem auf junge Frauen, die (in Zügen) militärbezogene Fra- gen stellten, aufpassen sollte. Kurzum: „Diese Spioninnen, oft junge, hübsche und elegant gekleidete Personen, drängen sich während der Bahnfahrt an die Truppen heran, suchen die Herkunft und den Bestimmungsort der Transporte festzustellen, die Truppenteile zu erfahren, den Ausbildungsgrad der Ersatzmannschaft zu er- kundigen, die Gespräche zu belauschen, kurz, allerlei militärische Informationen zu sammeln, deren Verrat für das eigene Heer von den schädlichsten Folgen sein kann.“398 Bereits Anfang August erging an die Bevölkerung folgender beunruhi- gender Aufruf: „Nach zuverlässigen Nachrichten hält sich in unserer Monarchie eine große Anzahl sub- versiver Elemente auf, die die öffentliche und staatliche Sicherheit in höchstem Grade gefährden. Es geht darum die allgemeine Aufforderung, die amtlichen Organe aus pat- riotischem Pflichtgefühl nach jeder Möglichkeit darin zu unterstützen, diese nach jeder Richtung gefährlichen Elemente unschädlich zu machen. Durch rege Aufmerksamkeit in dieser Hinsicht kann jedermann zum Erfolge und glücklichen Ausgang der staatli- 396 Diesen Fall erwähnte bereits: Moll (2001), 313 und (2007a), 178. 397 Vgl. auch: Falscher Patriotismus, in: Arbeiterwille, 13.8.1914 (Abendausgabe), 2. 398 Spionage durch Frauenspersonen auf Eisenbahnen, in: Grazer Mittags-Zeitung, 6.1.1915, 3.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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