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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 328 -
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| Alltag und Einheitsprüfungen328 nung“ mehrere (neue) Wachposten herangezogen. Immer wieder kam es zwischen der Zivilbevölkerung und den Wachposten zu Zusammenstößen.410 Die Menschen hatten sichtlich Angst vor weiteren Attentaten. Im Hinter- kopf hatte man nicht nur die Attentate auf Caston Calmette (der Fall „Madame Caillaux“), Franz Ferdinand oder Jean Jaurès, sondern auch den „Attentatsver- such“ auf Erzherzog Leopold von Österreich-Toskana. Dabei beschränkten sich die Ängste und Sorgen nicht nur auf Revolverschüsse oder handliche Bomben. Nicht minder ängstigte man sich vor Sabotageaktionen. Im Vordergrund stand hierbei die Angst um die Sicherheit der strategisch wichtigen Orte, wie etwa Brücken, Bahngleise oder Kraftwerke.411 Zu den als wichtig erachteten Orten zählten logi- scherweise auch die städtischen Lauf-, Schöpf- und Hausbrunnen. Der Volkszäh- lung von 1910 zufolge gab es in Graz 5.864 Bauten. Nur 3.878 Wohngebäude waren an die Wasserleitung angeschlossen.412 Dazu kamen noch rund 100 Anschlüsse im Gewerbe- und Industriebereich. Im Umkehrschluss bedeuten diese Zahlen, dass über 1.880 Häuser nicht an das Wassernetz angeschlossen waren. Viele Gra- zerinnen und Grazer waren es daher gewohnt, zum Brunnen zu gehen. Selbst für diejenigen, die nicht mehr zum Brunnen gehen mussten, war die Vergiftung des Grund- und Trinkwassers ein Szenario, das sich nicht leicht „wegdenken“ ließ. Obendrein kursierte Anfang August in Graz die „Schaudernachricht“, dass bereits „10.000 Soldaten“ in der „Untersteiemark“ vergiftet worden wären.413 Ebenso warf man einem Mitarbeiter der Allgemeinen Arbeiterkrankenkasse vor, dass er einen Brunnen vergiftet hätte. Er wurde daraufhin verhaftet und vor der Wachstube ver- sammelten sich viele Personen.414 Im Endeffekt stellte sich heraus, dass der Mann zu Unrecht der Brunnenvergiftung beschuldigt wurde. In einer Nacht gegen Ende August gab ein Wachsoldat, der am Wasserreservoir in Andritz (nahe Graz) seinen 410 Siehe das Kapitel: Neue Wachposten. 411 Vgl. z.  B. Versuchter Anschlag auf eine Eisenbahnbrücke?, in: Grazer Tagblatt, 28.7.1914 (Abend- ausgabe), 4. 412 Varetza (1980), 122, 287, 315, 484. 1915 waren es bereits 4.287 Anschlüsse. 413 Wie bei uns in Graz!, in: Grazer Volksblatt, 4.8.1914, 4. Vgl. des Weiteren den Artikel: Chole- rabazillen in Wasserleitungen, in: Grazer Vorortezeitung, 23.8.1914, 3: „Es kann vielleicht zur Beruhigung der ängstlichen Gemüter dienen, die sich durch das Gerücht haben ins Bockshorn jagen lassen: ‚Serben wollen die Wasserleitungen vergiften,‘ daß eine derartige ‚Vergiftung‘ einer Wasserleitung gar nicht möglich ist.“ Als Gründe nennt man hier u.  a., dass Cholerabazillen in den (kalten) Wasserleitungen absterben würden. Ein Beruhigungsartikel, in dem der serbischen Ärzteschaft keine Vergiftung der Brunnen zugetraut wurde, wäre z.  B. der Artikel: Brunnenver- giftung im Kriege, in: Grazer Volksblatt, 9.8.1914, 6. 414 Wie leicht man in Verdacht kommen kann!, in: Arbeiterwille, 8.8.1914, 3. Abseits der Zeitungen vgl. Moll (2001), 324.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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