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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 335 -
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Ausschreitungen | 335 Ein anderer Vorfall endete damit, dass ein Soldat mit seinem Bajonett einem Gastwirt in die Brust stach.447 Der Soldat konnte fliehen. Fälle, bei denen es „zwi- schen Zivil und Militär zu argen Ausschreitungen“448 (im Sinne von Schlägereien mit oder ohne Stichwaffen) kam, finden sich quer durch die Grazer Presse. Zudem blieben diese Ereignisse nicht auf die ersten Kriegsmonate beschränkt. Im zweiten Kriegsjahr verübte beispielsweise ein Infanterist „wegen Nichtbegleichung seiner Zeche einen argen Exzeß, beschimpfte die Gastwirtin in unflätigster Weise, ver- setzte ihr mehrere Ohrfeigen, daß sie heftig blutete, und warf sie schließlich zu Boden.“449 Die um Hilfe gerufene „Wache machte dem Exzeß eine Ende und erstat- tete gegen den Soldaten die Anzeige.“450 In anderen Fällen beließ es die Presse bei der bloßen Feststellung, dass sich spät nachts in einem Kaffee- oder Gasthaus ein Soldat mit einem Zivilisten geprügelt hatte. Einmal kolportierte die Grazer Mon- tags-Zeitung auch, dass eine Zivilperson zusammengeschlagen wurde, weil sie zu- vor einem jungen Mann, der „Hoch Österreich!“ gerufen hatte, „eine Ohrfeige versetzte.“451 Weiter hieß es in dem Artikel: „Die erbitterte Menge stürzte über [...  den Mann] her und verprügelte ihn; es wäre ihm noch schlimmer ergangen, wenn nicht gerade eine [...  Militärpatrouille] des Weges gekommen wäre, die sich des Gezüchtigten annahm.“ Hin und wieder schrieb die Presse, dass sich die ver- hafteten oder zusammengeschlagenen Personen zur Wehr setzten oder dass diese zuvor anderen Zivilpersonen oder Soldaten Gewalt androhten. So tätigte beispiels- weise ein Knecht in einem Eggenberger Gasthaus „Äußerungen“, die der Presse zufolge „alles eher als patriotisch waren“.452 Als er vom Wirten und einigen Gästen „zurecht[ge]wiesen“ wurde, fing er an, sie zu bedrohen.453 Am Ende wurde er ver- haftet. Was hier unter Bedrohung zu verstehen ist, ist unklar. Manchmal blieb es bei einer Verbalattacke, in anderen Fällen griff man zum Messer oder, wie im Falle der Soldaten, zum Bajonett. Der Arbeiterwille nahm diese Auseinandersetzungen und Ausschreitungen oft zum Anlass, die bürgerliche Presse und ihre kriegschau- vinistische Schreibweise zu kritisieren. Regelmäßig missbilligte er (gleichwohl er selber kriegschauvinistische Artikel publizierte), dass „es keine einzige bürgerliche 447 Mit einem Bajonettstich bezahlt, in: Arbeiterwille, 29.10.1914 (Abendausgabe), 3. Vgl. auch: Ein Bajonettstich für die Zeche, in: Grazer Tagblatt, 29.10.1914 (Abendausgabe), 3. 448 Der gemütliche Alkohol!, in: Arbeiterwille, 7.12.1914 (Abendausgabe), 3. 449 Exzeß, in: Arbeiterwille, 18.5.1915 (Abendausgabe), 2. 450 Ebd. 451 Der gestrige Tag, in: Grazer Montags-Zeitung, 27.7.1914, [ohne Seitenangabe]. 452 Kein Freund des Vaterlandes, in: Grazer Volksblatt, 5.9.1914 (12-Uhr-Ausgabe), 3. Vgl. auch: Eggenberg. (Verhaftung.), in: Grazer Vorortezeitung, 6.9.1914, 3. 453 Kein Freund des Vaterlandes, in: Grazer Volksblatt, 5.9.1914 (12-Uhr-Ausgabe), 3.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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