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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 350 -
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| Alltag und Einheitsprüfungen350 Wort „Offensive“ mit „Stellung“ umschreiben könne, ebenso wenig ließe sich der Orden „Pour le mérite“ umformulieren und schließlich sei es „leider im Drange der großen Arbeit, die den Schriftleitungen jetzt zufällt“, nicht immer möglich, alle Fremdwörter zu umgehen.518 Eine weitere (gedruckte) Anfrage gab es nicht, was womöglich darauf schließen lässt, dass nur sehr wenige Grazerinnen und Grazer ernsthaft ein konsequentes „Eindeutschen“ erwarteten bzw. sich erhofften. Denn wenn man sich die gesamten Leseranfragen des ersten Kriegsjahrs durchliest, fin- den sich dort viele Fragen und Anregungen hinsichtlich diverser Alltagserschei- nungen, aber nur eine Anfrage drehte sich um das geringe publizistische Umsetzen der „Sprachbereinigung“. Die bürgerlichen Zeitungsredaktionen wussten, dass die Bildung einer neuen „deutschen“ Militärsprache, die frei von Fremd- und Lehn- wörtern wäre, allein schon wegen des Zeitdrucks nicht möglich war. Aus diesem Grund fand sich in den entsprechenden Zeitungen keine Kritik an den „undeut- schen“ Beinamen einzelner Armeeregimenter. Nirgendwo las man in den lokalen Zeitungen, dass der Beiname „Leopold  II. König der Belgier“ des 27.  Infanterie- regiments untragbar sei. Das Gleiche gilt für den Beinamen „Nikolaus Nikolaje- witsch Großfürst von Rußland“ des 12.  Dragonerregiments oder für den Beina- men „Eduard  VII. König von Großbritannien und Irland, Kaiser von Indien“ des 12.  Husarenregiments.519 Die bürgerlichen Zeitungen berichteten über den Krieg daher weiterhin mit Hilfe französischer Lehn- und Fremdwörter und sie freuten sich weiterhin, wenn ein hochrangiger Mann, wie beispielsweise Kaiser Franz Jo- seph  I. oder der deutsche General Otto von Emmich (der „Held von Lüttich“), den preußischen Orden „Pour le mérite“ verliehen bekam.520 Auch an anderen Stellen musste die bürgerliche Presse wohl oder übel einse- hen, dass die „Sprachbereinigung“ nicht so umgesetzt werden konnte, wie sie es sich eigentlich erhofft hatte. Das radikal deutschnationale Tagblatt, die Sperrspitze der „Bereinigungsbemühungen“, musste beispielsweise hinnehmen, dass man ih- rer Forderung, diverse Grazer Straßen umzubenennen, nicht nachkam. Zuständig hierfür wäre der (aufgelöste) Gemeinderat gewesen, aber auch unter dem (letzt- endlich bis 1917 die Stadtgeschäfte leitenden) Regierungskommissär Anton Un- derrain von Meysing erfolgte keine Straßenumbenennung im Sinne des Tagblatts. Konkret erhoffte sich das Tagblatt, dass der Glacis – die große Grazer Ringstraße – in „Kaiser-Wilhelm-Straße“ und die Kosakengasse in „Johann-B.-Tilly-Straße“ 518 Briefkasten der Schriftleitung, in: Grazer Tagblatt, 1.9.1914, 8. 519 Am 26.  August 1914 verordnete Kaiser Franz  Joseph I., dass die problematisch anmutenden Re- gimentsnamen beibehalten werden, vgl. Rauchensteiner (2013), 175  f. 520 Der Orden Pour le mérite für Kaiser Franz Josef, in: Grazer Tagblatt, 29.8.1914 (Abendausgabe), 3; Der Orden „Pour le mérite“, in: Grazer Tagblatt, 10.8.1914 (Abendausgabe), 3.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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