Seite - 388 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Alltag und
Einheitsprüfungen388
Transportkolonne am Hauptbahnhof, Lebensmittelbeschaffung, Wohnungsver-
mittlung für Arbeitslose sowie Eindämmung von Gerüchten. Einige seiner Mit-
glieder beteiligten sich auch an der Eggenberger Marktwache.741 Daneben sam-
melte das Arbeiterhilfskorps am Steirischen Soldatentag (Anfang Dezember) in
den Betrieben Spenden. An der angedachten „Epidemien-Prävention“ beteiligte
sich das Arbeiterhilfskorps letztendlich nicht. Diese oblag der vom Hygiene-Uni-
versitätsprofessor Wilhelm Prausnitz geleiteten und von Studierenden getragenen
Sanitär-Hygienischen-Hilfsabteilung (S. H. H.). Das Arbeiterhilfskorps teilte sich
bereits sehr früh in ein „Hauptkorps“ und in eine „Frauenabteilung“, deren jewei-
ligen Tätigkeiten entsprechende Vorträge und Kurse vorangingen. Das „Haupt-
korps“ war wiederum in eine Sanitätsabteilung (Anfang September 40 Mann) und
in eine Feuerwehrabteilung (60 Mann) unterteilt.742 Die „Frauenabteilung“ (Ende
Oktober 75 Frauen und Mädchen) widmete sich in erster Linie der Kranken- und
Wochenbettpflege sowie der Kinderfürsorge. Zum damaligen Zeitpunkt fungier-
ten vier weitere Frauen als Armenrätinnen und zwei andere leisteten kostenlose
Geburtshilfe. Nach der ersten Großversammlung Ende August, die unter anderem
in Kooperation mit dem Grazer Stadtphysikus sowie dem städtischen Branddi-
rektor abgehalten wurde, starteten Anfang September die ersten Lehrgänge des
Arbeiterhilfskorps. So hielt der Stadtphysikus Sanitär-Vorträge ab und seit Mitte
September erfolgte die Feuerwehrausbildung am Lendplatz. Letztendlich wurden
die Aktivitäten des Arbeiterhilfskorps ab dem zweiten Kriegsjahr deutlich weniger.
Für das Jahr 1916 finden sich im Arbeiterwillen nur mehr Einladungen zu Vor-
trägen über Geschlechtskrankheiten oder über diverse Fürsorgeprogramme, die
in Graz und in anderen Orten der Steiermark (z. B. in Judenburg, Wartberg oder
in Krieglach) abgehalten wurden.743 Weder nahm das Korps an den Maifeiern teil
(zumindest steht davon nichts im Arbeiterwillen), noch scheint das Korps in der
stets umfangreichen Berichterstattung über etwaige große (sozialdemokratische)
Protest- und/oder Parteiversammlungen auf (so z. B. der erste ordentliche Partei-
741 Eggenberg (Gemeindeausschußsitzung., in: Grazer Vorortezeitung, 11.10.1914, 1.
742 Einige Quellen dazu: Das Frauenhilfskorps, in: Arbeiterwille, 23.8.1914, 10; Achtung, Mitglieder
des Arbeiterhilfskorps!, in: Arbeiterwille, 3.9.1914, 3; Vom Arbeiterhilfskorps, in: Arbeiterwille,
6.9.1914, 5; Mitglieder des Arbeiterhilfskorps, Achtung!, in: Arbeiterwille, 7.9.1914 (Abendaus-
gabe), 3; Arbeiterhilfskorps, in: Arbeiterwille, 29.9.1914, 4; An die weiblichen Mitglieder des
Arbeiterhilfskorps, in: Arbeiterwille, 8.10.1914, 5.
743 Einige Quellen dazu: Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung [Annonce], in: Arbeiterwille,
15.6.1916, 8; Veranstaltungen des Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung, in: Arbeiterwille,
16.6.1916, 6; Veranstaltungen des Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung, in: Arbeiterwille,
21.7.1916, 7; Veranstaltungen des Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung, in: Arbeiterwille,
28.7.1916, 6.
Graz 1914
Der Volkskrieg auf der Straße
- Titel
- Graz 1914
- Untertitel
- Der Volkskrieg auf der Straße
- Autor
- Bernhard Thonhofer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln- Weimar
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20569-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 510
- Schlagwörter
- Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Rahmenbedingungen 15
- Sarajevoer Attentat und Graz 69
- Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
- Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
- Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
- Intensive Julipolemik 88
- Der „Demarche-Rummel“ 99
- Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
- Fallende Börsenkurse 110
- Ultimatum an Serbien 112
- Lokalisierungsfrage 116
- Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
- Zur Trauerstimmung 122
- Innenstadt und Bahnhof 135
- Kein Telefonnetz 135
- Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
- Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
- Offengelegte Zeitungspolitik 151
- Unklare Mobilisierungsplakate 154
- Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
- Grazer „Feldlager“ 166
- Die letzten Tage im Juli 170
- Großbritannien und Italien 176
- Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
- Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
- Abschiedsszenen 194
- Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
- Ein „Denkmalfrevel“ 212
- Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
- Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
- Präventivzensur 227
- Erste „Soldatenerzählungen“ 234
- Grazer Frauenhilfskomitee 245
- Transportkolonne am Bahnhof 252
- Alltag und Einheitsprüfungen 257
- Arbeitslosigkeit 257
- Andrang auf die Geldinstitute 267
- Ausstattungsfrage und Postämter 276
- Hamsterkäufe 284
- Mietzins 299
- Kirchen und Friedhöfe 303
- Verlustlisten 318
- Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
- Ausschreitungen 333
- Demonstrationen vor Geschäften 340
- Über die „Sprachbereinigung“ 346
- Modeboykott 354
- Soldaten abseits der Truppe 363
- Neue Wachposten 374
- Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
- Pfadfinder und Wandervogel 389
- Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
- Diebstahl und Betrug 404
- Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
- Schlussbetrachtung 423
- Anhang 453