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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Alltag und Einheitsprüfungen400 des Vereins „Österreichischer Wandervogel. Bund für deutsches Jugendwandern“, die im April 1912 in Mödling stattfand, hieß es: „Der Bund soll dazu beitragen, ein an Körper, Geist und Willen starkes, wehrhaftes Geschlecht heranzubilden.“795 Dafür brauche es (alkoholische) Abstinenz, die Kenntnis von der „ursprünglichen Eigenart“ des eigenen „Volk[es]“ und der „Heimat“ sowie Wanderungen respektive „Märsche, verbunden mit Geländespielen“.796 Waren im August 1914 die „Kriegs- spiele“ der Kinder und Jugendlichen keiner (publizistischen) Kritik ausgesetzt, so tauchten im September die ersten Artikel auf, in denen das unorganisierte „Sol- datenspiel“ auf der Straße angeprangert wurde. Eine von mehreren dieser Gegen- stimmen fand sich beispielsweise in der Mittags-Zeitung, die, wie oben vermerkt, an manchen Tagen das unorganisierte „Soldatenspiel“ stilisiert hatte. Gegen Ende September kolportierte sie jedoch, dass der Schulbeginn den „verderblichen Fol- gen eines phantastischen Kriegsspieles“ endlich ein Ende setzen würde.797 Im Ge- gensatz zur Straße oder dem Zuhause, wo nach Ansicht der Mittags-Zeitung die Disziplin aufgrund der „Abwesenheit der Väter“ gelockert wurde, könne nur (!) die Schule „ein neues Geschlecht“ heranziehen.798 Dass man sich hier eigentlich selbst widersprach, zumal es in anderen ihrer Artikeln wiederum hieß, dass in erster Linie die Pfadfinder und der Wandervogel zur „Genesung“ der Kinder und Jugendlichen beitrügen, ist kein Einzelfall. Prinzipiell kann gesagt werden, dass die von den Tageszeitungen betriebene Politik des Öfteren mittels Übertreibungen, Vereinfachungen und Ausblendungen vonstattenging. Wenn es beispielsweise da- rum ging, dass Kinder in die Schule gehen sollten („brav“ sein sollten, ruhig sein sollten), dann konnten und wurden die unorganisierten „Soldatenspiele“ redakti- onell angegriffen. Zur Untermauerung der eigenen Ansicht fügte man oft hinzu, dass „nur“ die Schule Disziplin herstellen könne. Gleichzeitig schwärmten die Zei- tungen von den Pfadfindern und Pfadfinderinnen.799 Am meisten kritisierten die Zeitungen an den unorganisierten „Soldatenspielen“, dass es dabei nicht selten zu schwerwiegenden Unfällen kam. Die Verletzungen erfolgten durch Schläge, Zwil- len, Pistolen und Gewehre. In der Nähe von Murau starb beispielsweise ein Kind 795 „Österreichischer Wandervogel“. Die erste Hauptversammlung in Mödling, in: Grazer Tagblatt, 21.4.1912, 15. 796 Ebd. 797 Schulbeginn, in: Grazer Mittags-Zeitung, 22.9.1914, 3. 798 Ebd. 799 Unsere Pfadfinder, in: Grazer Mittags-Zeitung, 8.9.1914, 3: „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut! Es ist herzerhebend und erfreulich, die Tätigkeit unserer Pfadfinder, die sich jetzt in den Dienst des Vaterlandes gestellt haben, zu beobachten. [...] Das werden Menschen, die in die Welt augen. [sic] Heil ihnen!“
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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