Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 402 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 402 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße

Bild der Seite - 402 -

Bild der Seite - 402 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße

Text der Seite - 402 -

| Alltag und Einheitsprüfungen402 November forderte die Mittags-Zeitung zum Beispiel: „Eltern und Lehrer mögen energisch an der Abstellung dieses Unfuges [gemeint ist hier das Schießen mit einer Zwille] arbeiten, der eine ständige Gefährdung der öffentlichen Sicherheit in sich schließt.“808 Und im Dezember sprach dieselbe Zeitung folgende Warnung aus: „Die Eltern können wir jedoch nicht genug warnen, ihren Kindern keinerlei so gefährliches Spielzeug [gemeint ist hier eine Pistole] in die Hand zu geben.“809 Vom damaligen Standpunkt ausgesehen widersprach nämlich ein unkontrollierter bzw. ein nicht durch einen Verein oder durch eine Institution überwachter Schuss- waffengebrauch der (an und für sich) geforderten „Wehrgesinnung“ der Jugend. Die Militarisierung stieß hier unverkennbar an ihre Grenzen. Die deutschnationa- len Zeitungen nahmen die Unfälle zum Anlass, ein neu auf den Markt gebrachtes Würfelspiel des (radikal deutschnationalen) Deutschen Schulvereins zu bewerben: „Wer wollte daran Anstoß nehmen, daß unsere Jungen die Straßen mit Kriegsgeheul erfüllen und beim Zusammenstoß der Gegner mitunter auch Erwachsene mitten in das Kriegsgetümmel geraten? Gewiß sind aber manche damit einverstanden, wenn wir be- fürworten, die Kriegsbegeisterung unserer Buben in etwas gesittetere Bahnen zu lenken. Man kaufe ihnen das vom Deutschen Schulverein herausgegebene Kriegsspiel ‚Mar- schall vorwärts‘.“810 Von dem Spiel erhoffte man sich daher nicht nur Geld für die Vereinskasse, son- dern es sollte auch die Kinder von der Straße holen. Sie sollten (friedlich und leise) ein „Familienspiel“ spielen, während der Vater (vermutlich) im Krieg war und die Mutter (mit ziemlicher Sicherheit) arbeitete. Wie dieses Brettspiel nun genau funk- tionierte, ist unklar. Dem Vernehmen nach war es „ein Laufspiel mit Würfeln und Zinnsoldaten.“811 Ob der Deutsche Schulverein mit diesem Spiel auch seine Ant- worten auf die Nationsfrage, die Konfessionsfrage oder die Bodenfrage bzw. „Be- siedelungsfrage“ unter die Leute zu bringen versuchte, geht aus dieser Werbung nicht hervor. Im Tagblatt las man nur, dass sich das Spiel „über die landläufigen Wettrenn- und Würfelspiele, die alle nach einem alten, geistlosen Muster gemacht sind, turmhoch“812 erheben würde und, dass es von diesem Spiel eine teurere Aus- gabe sowie eine günstigere „Volksausgabe“ gäbe. Und beim Kauf dieses Spiel zeigte 808 Das Spielen mit Gummischleudern, in: Grazer Mittags-Zeitung, 17.11.1914, 2. 809 Gösting. (Wieder die Flobertpistole.), in: Grazer Mittags-Zeitung, 23.12.1914, 3. 810 Der Krieg der Kleinen, in: Grazer Tagblatt, 16.10.1914 (Abendausgabe), 2. 811 Zollinger (2015), 237. 812 Marschall Vorwärts, in: Grazer Tagblatt, 16.12.1914 (2.  Morgenausgabe), 3.
zurück zum  Buch Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße"
Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Graz 1914