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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 432 -
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| Schlussbetrachtung432 Verboten, die sich durchaus widersprechen konnten. Es gab nicht nur unterschied- liche Vorstellungen bezüglich der „richtigen“ Form des Zusammenlebens und des Zusammenhaltens an der „Heimatfront“, sondern auch entgegengesetzte Normen. Diese (teilweise) konkurrierenden Vorgaben, wie der Burgfrieden und somit das Stadtleben zu erfolgen haben, führten dazu, dass es mehrere „Gesetze“ an der Gra- zer „Heimatfront“ gab. Und an diese musste man sich im Allgemeinen halten, so- fern man nicht bespuckt, beschimpft, bloßgestellt, getreten, geschlagen, denunziert oder irgendwie anderweitig diskreditiert bis hin zu kriminalisiert und verhaftet werden wollte. Denn: „unpatriotische[s] Benehmen kann nicht genug gebrand- markt werden.“32 Nur gilt es hier zu bedenken, dass man nicht alle (Ordnungs-) Vorstellungen bzw. Ge- und Verbote kennen konnte, noch konnte man sich gleich- zeitig an alle halten. Die Einheitsbildung besaß aus meiner Sicht demnach weder einen statischen Wesenskern, noch erwies sie sich als monolithisch oder uniform.33 Die Bestim- mung ihrer offiziellen „Geburtsstunde“ ist nicht minder schwierig, zumal es eine solche – konträr zu Deutschland und seinem „4.  August“ – im Grunde genom- men nicht gab. Weder kam es zu einem politischen Einheitsakt im Reichstag oder auf steirischer Landesebene noch auf Grazer Gemeindeebene, zumal diese drei Institutionen bereits vor dem Sarajevoer Attentat aufgelöst oder sistiert waren. Genauso wenig fand ein „quasi-feudaler“34 Akt zwischen dem Kaiser und den Parteien statt. Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Serbien (25.  Juli) kann ebenso als „Geburtsstunde“ für die Einheitsbildung außer Acht gelassen wer- den, zumal am 26.  Juli eine von bürgerlichen Kräften geführte Menschenmenge noch vor der sozialdemokratischen Parteizentrale gegen die pazifistische Haltung des Arbeiterwillens demonstrierte. Über diesen Vorfall berichtete das Volksblatt stolz am 27.  Juli. Das kaiserliche Manifest „An meine Völker“ vom 28.  Juli kann ebenso wenig als „Geburtsstunde“ betrachtet werden, zumal es vom Arbeiterwil- len – im Gegensatz zur Arbeiter-Zeitung (Wien)35 – nicht abgedruckt wurde (auch nicht in Form einer Beilage). Dieses Nichtdrucken korrelierte unverkennbar mit der (damaligen) Ablehnung des „Serbienkriegs“ durch den Arbeiterwillen.36 Für die Kriegserklärung an Serbien (28.  Juli) gilt dasselbe. Seitdem man in Graz von der russischen Generalmobilmachung wusste, wurde die „Einheit“ zwar oftmals 32 Unpatriotisches Benehmen der Uniformierungsanstalten, in: Grazer Volksblatt, 7.8.1914, 2. 33 Vgl. dazu auch: Moll (2007a), 34. 34 In Deutschland stellte der „Treueschwur“ vor der Reichstagssitzung (4.  August) einen „quasi- feudale[n]-Akt“ dar, vgl. Leonhard (2014), 206. 35 Manifest des Kaisers, in: Arbeiter-Zeitung, 29.7.1914, 1. 36 Der Arbeiterwille lehnte bis zum 31.  Juli den Krieg mit Serbien strikt ab.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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