Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 433 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 433 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße

Bild der Seite - 433 -

Bild der Seite - 433 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße

Text der Seite - 433 -

Einheitsgruppen | 433 und facettenreich erwartet, eingefordert und praktiziert. Dieser Generalmobilma- chung entgegnete man aber mit keinem offiziellen Staatsakt oder einem offiziellen Akt der Stadt Graz. Vielmehr reagierten alle der untersuchten Grazer Tageszeitungen mit ihren jeweils eigenen Vorstellungen hinsichtlich des „Wesens“ der „Einheit“ und des Kriegs. Die Deutschnationalen sprachen mit Vehemenz vom Kampf zwischen „Slawen“ (daher auch „Slowenen“) und „Germanen“. Der Arbeiterwille widersetzte sich mehrfach, aber nicht immer (!), dieser Ansicht: „Sie wissen, daß es ein Unsinn ist, diesen Krieg als die Erhebung der Germanen gegen die Slawen anzusehen.“37 Aufgrund des Anhaltens des steirischen Nationalitätenkonflikts fällt es schwer, von einem Burgfrieden der „Nationen“ zu sprechen (ganz zu schweigen von einem Burgfrieden der Milieus oder von einem Burgfrieden der Geschlechter). In der Praxis blieb daher der ambivalente Prozess der Einheitsbildung unvollständig bzw. unvollendet. Ebenso wenig versuchten die Zeitungen und Zeitschriften ernsthaft (geschweige denn erfolgreich), die „Einheit“ gemeinsam parteipolitisch, konfessi- onell, schichtenspezifisch, geschlechterhierarchisch zu harmonisieren. Aus diesem Grund (und mit Blick auf den weiteren Kriegsverlauf) professionalisierte oder op- timierte sich der Burgfrieden als „Ganzes“ auch nicht mit der Zeit. Das Einzige, was sich verbessern konnte, waren einzelne Burgfriedensvorstellungen und deren Durchsetzungsstrategien. Diese Vorstellungen, wie die „Einheit“ zu funktionieren habe, benötigten oben- drein eine Form von „Aufzeichnungsapparat“ bzw. ein Wiederholen der neuen (und alten) Normen. Die Zeitungen hatten es diesbezüglich leichter als so manch andere Normgeber (wie beispielsweise die Bürgerwehren), weil die Redaktionen ihre Vorstellungen mittels Appelle und anderer Strategien täglich in Umlauf schi- cken konnten. Zur Rezeption freigegeben wurden nicht nur ihre eigenen Ein- heitsvorstellungen, sondern auch die von anderen Normgebern übernommenen Vorgaben. Ich denke hier vor allem an die formellen Normgeber, wie das Militär, die Statthalterei, die Regierung oder den Kaiser, deren Erlässe weitestgehend von der Presse unterstützt wurden. Gleichwohl wäre es verfehlt, wenn man die Zei- tungen und Zeitschriften als unselbstständige Marionetten und verlängerten Arm des Staats betrachten würde.38 Die gesamte Grazer Zeitungslandschaft war nämlich 37 Stellvertretend für eine Vielzahl: Was die Sozialdemokratie jetzt bedeutet, in: Arbeiterwille, 15.8.1914, 8. Ein Gegenbeispiel stellt der Artikel „Teufel Alkohol“ dar: Der Alkohol sei „ein Zeit- vertreib für Slaven“ und „Slaven können keine Welt gewinnen.“ Aus: Teufel Alkohol, in: Arbei- terwille, 18.8.1914, 4. 38 Leonhard (2014), 349, daneben 15, 383, 511  f., 583, 750, 801, 899. Vgl. zudem: Moll (2007a), 41.
zurück zum  Buch Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße"
Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Graz 1914