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Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationaler Kooperation und
Konkurrenz24
vor dem Zweiten Weltkrieg und während des Krieges beeinflussten, waren komplexer
Natur und müssen in ihrer Gesamtheit betrachtet werden.
Abgesehen davon, dass die mit kernphysikalischen Fragen befassten Institute umge-
staltet und in das deutsche Projekt zur militärischen und zivilen Nutzung der Kern-
energie eingegliedert wurden, ist bis heute wenig über ihre tatsächlichen Forschungs-
aktivitäten während des Zweiten Weltkriegs bekannt. Im Gegensatz zu den deutschen
Beiträgen wurde die Rolle der in Österreich im Uranverein Verbliebenen lange Zeit
kaum untersucht.67 Erst in jüngster Zeit rekonstruierte Rainer Karlsch einige Aktivitä-
ten der in Österreich arbeitenden Kernforscherinnen und Kernforscher während des
Krieges auf der Grundlage neuer Quellen.68 Das Kriegsende bedeutete keineswegs eine
klare Zäsur, im Gegenteil : Wie die vorliegende Studie nach systematischer Auswertung
von Geheimdienstakten der Alliierten erstmals zeigt, gab es in der frühen Nachkriegs-
zeit zahlreiche Initiativen, die Arbeiten, die während des Krieges und zum Teil davor
begonnen worden waren, mit Unterstützung der alliierten Besatzungsmächte fortzuset-
zen. Gewachsene Verbindungen zu der internationalen scientific community der Kern-
forschung blieben häufig bestehen oder wurden rekonstruiert, zugleich entwickelten
sich neue berufliche und wissenschaftliche Netzwerke, die – bisher nur ansatzweise
untersucht
– von Christian Forstner in einem Projekt an der Universität Jena beforscht
werden.69
1.4 Quellenlage
Im Folgenden wird die Radioaktivitäts- und Kernforschung in Österreich im Kontext
internationaler Kooperation und Konkurrenz systematisch erfasst und analysiert. Dazu
wird auf einen breiten, aus internationalen Archiven zusammengetragenen Quellen-
korpus zurückgegriffen. Die Quellenlage zu dieser Thematik ist sehr gut. Im Rahmen
dieser Studie wertete ich den Bestand des Instituts für Radiumforschung im Archiv der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der erst zu Beginn der 2000er Jahre
archivarisch erschlossen wurde, erstmals umfassend aus.70 Diese Quellen dienen zu-
gleich als Ausgangspunkt, um die internationalen Verbindungen der Wiener Radioak-
tivisten- und Kernforschungsgemeinschaft zu rekonstruieren. Anhand der geschäftli-
chen und zum Teil privaten Korrespondenz des langjährigen Institutsleiters Stefan
67 Vgl. zur deutschen Seite Karlsch 2007 ; Walker 2005 ; Karlsch 2005, zu österreichischen Aspekten Mayer/
Mehner 2001 ; Gollmann 1994.
68 Vgl. Karlsch 2012.
69 Vgl. Forstner 2012 ; Reiter 2006 ; Reiter/Schurawitzki 2005.
70 Siehe dazu Sienell/Ottner 2005.
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Titel
- Kerne, Kooperation und Konkurrenz
- Untertitel
- Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Autor
- Silke Fengler
- Herausgeber
- Carola Sachse
- Mitchell G. Ash
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-79512-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
- Kategorien
- Naturwissenschaften Chemie
- Naturwissenschaften Physik
Inhaltsverzeichnis
- 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
- 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
- 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
- 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
- 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
- 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
- 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
- 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
- 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
- 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
- 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
- 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
- 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
- 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
- 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
- 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
- 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
- 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
- 7. Schluss 322
- 8. Anhang 334
- Abkürzungsverzeichnis 334
- Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
- Literaturverzeichnis 340
- Personenregister 369