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2.
Österreich-Ungarn und die internationale
Radioaktivitätsforschung, 1899–1918
»If […] a lot of radium would be sufficient
to make important discoverys,
they should […] make them.«1
Die Radioaktivitätsforschung entwickelte sich in der Österreichisch-Ungarischen Mo-
narchie im Kontext eines internationalen Forschungsfeldes, das im ausgehenden
19. Jahrhundert an der Schnittstelle der etablierten Disziplinen Physik und Chemie,
Mineralogie, Geologie und Astronomie entstand. Die Radioaktivität wurde in Frank-
reich entdeckt und intensiv erforscht, doch schon bald interessierte man sich auf der
ganzen Welt für das ungewöhnliche Phänomen, das neue Einsichten in den Aufbau der
Atome versprach. Naturwissenschaftler, Naturwissenschaftlerinnen und Ärzte aus dem
Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn zählten zu den Ersten, die sich dem neuen For-
schungsfeld zuwandten. Doch nicht überall im Habsburgerreich waren die Möglich-
keiten, die Radioaktivität näher zu untersuchen, gleich gut. In der ungarischen Reichs-
hälfte, dem transleithanischen Teil der Monarchie, verhinderten die institutionellen
Strukturen, dass sich die Radioaktivitätsforschung in nennenswertem Umfang an den
Universitäten etablieren konnte.2 Anders sah es im cisleithanischen Teil der Monarchie
aus ; dazu zählten bis 1918, neben den deutschsprachigen Ländern Kärnten, Österreich
unter und ober der Enns, der Steiermark, Vorarlberg und Salzburg, die nicht-deutsch-
sprachigen Kronländer Böhmen und Mähren, die Bukowina, die Krain, Dalmatien,
das Küstenland um Triest, Galizien und Schlesien. Im Herkunftsland der Pechblende,
in Böhmen, begann die Radioaktivitätsforschung ähnlich wie im Deutschen Reich,
Frankreich und Großbritannien am Ausgang des 19. Jahrhunderts.3 Die tschechisch-
sprachige Radioaktivistengemeinschaft stand in Mitgliederzahl und wissenschaftlicher
Produktivität allerdings deutlich hinter der deutschsprachigen Radioaktivistengemein-
schaft Österreich-Ungarns zurück.
1 Cambridge University Library, Rutherford Correspondence, ab sofort : CUL, RC, Add 7653, H 126 :
Hevesy an Rutherford vom 14.2.1912.
2 Vgl. Palló 1997.
3 Vgl. Těšínská 2010.
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Titel
- Kerne, Kooperation und Konkurrenz
- Untertitel
- Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Autor
- Silke Fengler
- Herausgeber
- Carola Sachse
- Mitchell G. Ash
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-79512-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
- Kategorien
- Naturwissenschaften Chemie
- Naturwissenschaften Physik
Inhaltsverzeichnis
- 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
- 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
- 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
- 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
- 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
- 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
- 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
- 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
- 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
- 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
- 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
- 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
- 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
- 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
- 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
- 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
- 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
- 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
- 7. Schluss 322
- 8. Anhang 334
- Abkürzungsverzeichnis 334
- Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
- Literaturverzeichnis 340
- Personenregister 369