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codes und die Angabe von Redepausen in Sekunden. Der Abbruch eines Satzes
oder Wortes wird ebenso genau im Transkript festgehalten wie Lautstärke oder
Sprachrhythmus.
Eine besondere Herausforderung bei der Transkription stellte der Umgang mit
dem Montafoner Dialekt dar, da hier große Unterschiede zum Schriftdeutschen
vorliegen. Eine einfache, wortwörtliche Übertragung ins Schriftdeutsche war nicht
immer möglich, da Besonderheiten des Dialekts sinngemäß übertragen werden
mussten. So entspricht beispielsweise dem vorarlbergerischen „Laufen“ das schrift-
deutsche „Gehen“, das schriftdeutsche „Laufen“ wird im Vorarlbergerischen hinge-
gen durch „Springen“ ausgedrückt. In diesen Fällen wurden jeweils die schriftdeut-
schen Entsprechungen für die Wiedergabe in der vorliegenden Arbeit gewählt.
Dialektspezifische Ausdrücke wurden hingegen nur selten mit dem schriftdeut-
schen Äquivalent wiedergegeben, sondern meist unter Anführungszeichen gesetzt
und anschließend in einer eckigen Klammer erklärt. Durch diese Handhabung
konnten spezifische Bezeichnungen8, Redewendungen und Formeln9, originelle
oder kreativ umgestaltete Ausdrücke10, oder von Fremdsprachen geprägte Bezeich-
nungen11 auch in der Transkription erhalten werden. Da im Mittelpunkt der For-
schung vor allem der Inhalt und nicht so sehr die sprachliche Form der Aussagen
steht, und für die Dokumentation die inhaltliche Botschaft möglichst verständlich
und gut lesbar wiedergegeben werden sollte, wurden die in dieser Arbeit verwen-
deten Textpassagen „bereinigt“. Dazu wurden Besonderheiten der Rede, wie etwa
Pausen, Wiederholungen oder Nachdenkpausen füllende Silben wie „äh“ und das
spezifisch vorarlbergerische, tendenziell sich der Aufmerksamkeit des Gegenübers
rückversichernde Füllwort „oder“ bei besonders häufiger und bedeutungsleerer
Verwendung weggelassen. Darüber hinaus wurde an den Texten nichts verändert,
so dass sprachliche Besonderheiten der Erzählenden immer noch klar erkennbar
bleiben. Es folgt ein Beispiel für die redaktionelle Überarbeitung einer exemplari-
schen Textpassage:
Wort- und lautgetreue Transkription:
Abr vo dr Landwirtschaft, des bruch i net dazähla, wie’s halt die Muntafuner all ghet
hon, hot ma net könna öberdorri leba, und größre Familie erhalta. Abr, i muass säga,
mir hon immr – immr, des muass i hüt noch dia Eltera, insbesonders o dr Mama
danka, mir hon immr z’Essa ghet, ghörig recht, des trau i mi net – selbscht, wo dr
Kriag denn noch koo ischt, hon mir durch Zemmaheba, durch Schaffa, hot ma halt
decht könna … Ah, ma hot denn müassa natürlich o Helfer hoo, so zum Heua und so,
hom mir denn Nochburafraua ghet. Und dia sind denn, ob sie Kinder ghet hon, sind
denn all koo, so als Taglöhner hon sie denn gholfa, bim Heua oder bim Erdöpfelstecka.
8 Beispielsweise „Schärrhüfa“ für „Maulwurfhügel“.
9 Beispielsweise „z’Hemat z’Handa neh“ für „das heimatliche Anwesen übernehmen“.
10 Beispielsweise „Sürla“ für „Sauerampfer“.
11 Beispielsweise „Ampalatschsack“ für „Jutesack“, aus dem Französischen „emballage“.
Erzählen vom Leben im 20. Jahrhundert
Erinnerungspraxis und Erzähltraditionen in lebensgeschichtlichen Interviews am Beispiel der Region Montafon/Vorarlberg
- Titel
- Erzählen vom Leben im 20. Jahrhundert
- Untertitel
- Erinnerungspraxis und Erzähltraditionen in lebensgeschichtlichen Interviews am Beispiel der Region Montafon/Vorarlberg
- Verlag
- StudienVerlag
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 15.8 x 23.4 cm
- Seiten
- 464
- Schlagwörter
- Oral history, biographical narratives, narrative traditions, lebensgeschichtliches Erzählen, Erzähltraditionen
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Einführung 13
- 1. Kritik des lebensgeschichtlichen Erzählens 17
- 2. Quellenmaterial, Forschungsziel und Auswertung 47
- 3. Erinnerungspraxis und Traditionen lebensgeschichtlichen Erzählens 63
- 3.1. Einstiege in die lebensgeschichtlichen Erzählungen 63
- 3.2. Leitlinien des lebensgeschichtlichen Erzählens 67
- 3.3. Topoi in lebensgeschichtlichen Erzählungen 71
- 3.4. Lebensgeschichtliche Erzählstoffe und Mustererzählungen 73
- 3.4.1. Sagenhaftes von den AhnInnen 74
- 3.4.2. AhnInnen als GastarbeiterInnen 78
- 3.4.3. Traditionelle Landwirtschaft 84
- 3.4.4. Zuerwerb zur Landwirtschaft 98
- 3.4.5. Niedergang der traditionellen Berglandwirtschaft 104
- 3.4.6. Modernisierung 112
- 3.4.7. Alltag im traditionellen Gefüge 127
- 3.4.8. Bräuche und Gewohnheiten 136
- 3.4.9. Armut und einfache Verhältnisse 152
- 3.4.10. „Harte, arbeitsame Kindheit“ 162
- 3.4.11. Idyllisierung der einfachen Verhältnisse 173
- 3.4.12. Lausbuben- und Schulgeschichten 175
- 3.4.13. Autoritäten 183
- 3.4.14. Die 1930er Jahre und die „Tausend-Mark-Sperre“ 190
- 3.4.15. Der „Anschluss“ und seine Bedeutung für die MontafonerInnen 195
- 3.4.16. NS-Propaganda in der Schule 210
- 3.4.17. In der Hitlerjugend 213
- 3.4.18. Im (Un-)Wissen um die NS-Verbrechen 221
- 3.4.19. Repressives NS-System 230
- 3.4.20. Auflehnung und Widerstand 235
- 3.4.21. Schwarzhandel, Schwarzschlachten, Schwarzhören 237
- 3.4.22. Kriegsbeginn und die „verlorenen Jahre“ 243
- 3.4.23. Von den Schrecken des Krieges 252
- 3.4.24. Gefangenschaft 263
- 3.4.25. Heimkehr 268
- 3.4.26. Krieg in Vorarlberg 273
- 3.4.27. Flüchtlingsgeschichten 278
- 3.4.28. Von Kriegsgefangenen und ZwangsarbeiterInnen 287
- 3.4.29. Von Deserteueren und „Waldhockern“ 294
- 3.4.30. Die drohende Staumauersprengung im Vermunt 297
- 3.4.31. Kriegsende 301
- 3.4.32. „Heimatverteidiger“ und Widerstandsbewegung bei Kriegsende 304
- 3.4.33. Die französische „Besatzung“ und die „Marokkaner“ 309
- 3.4.34. Entnazifizierung 324
- 3.4.35. Armut und einfache Verhältnisse in der Nachkriegszeit 329
- 3.4.36. Schmuggeln und Schmugglergeschichten 333
- 3.4.37. Wildern und Wilderergeschichten 337
- 3.4.38. Beruflicher Werdegang und Ausbildung 340
- 3.4.39. Wirtschaftlicher Aufschwung in der Nachkriegszeit 349
- 3.4.40. Neu-Anfang mit dem Tourismus 353
- 3.4.41. Urlaube mit der Familie 366
- 3.4.42. Liebe und Ehe 370
- 3.4.43. Geburt der Kinder 381
- 3.4.44. Unfälle und Krankheiten 385
- 3.4.45. Umgang mit dem Altern 393
- 3.4.46. Umgang mit Tod und Verlust 395
- 3.4.47. Naturkatastrophen 400
- 3.4.48. Mystisches und rätselhafte Begebenheiten 406
- 3.4.49. Kultur- und Jugendpessimismus 411
- 3.4.50. Geschlechterrollen und -bilder 414
- 4. Zusammenfassung und Synthese 421
- 5. Verzeichnisse und Nachweise 439