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einen wesentlichen Bestandteil der landwirtschaftlichen Ernte und damit der
Arbeiten im Jahreskreis dar. Ein gutes Bergmahd sei früher so viel wert gewesen
wie eine fette Wiese im Tal, erzählt ein 1920 geborener Bauer und bezeichnet es
als unfassbar, dass diese Mähder heute nichts mehr wert und größtenteils voll-
kommen verwachsen und damit verloren seien.72 Aus dieser Aussage erklärt sich
der hohe Stellenwert der Beschreibungen von den Heuarbeiten in den Bergen und
dem Heuzug in den lebensgeschichtlichen Erzählungen. Dies verdeutlicht auch die
Darstellung der 1907 geborenen XX:
XX: Da hat man im Sommer in den Bergen Heu gemacht und das haben sie
dann im Winter geholt. Wenn einmal Schnee lag, dann ging man … das ist ja
in ganz steilen Hängen oben, da hat man das Heu unter Dach getan und im
Winter hat man’s herunter geholt.
I: Mit dem Schlitten?
XX: Ja, ohne Schlitten!
I: Ohne Schlitten, nur gezogen?
XX: Wo’s steil war, ging’s ohne Schlitten. Und erst wo dann ein richtiger Weg
war, wo’s nicht mehr so steil ging, hat man’s auf den Schlitten getan. Da hat
man … ich weiß, meine Mutter hat gesagt … also die Männer, die Onkel
waren immer im Winter zuhause und haben den anderen Leuten Heu geholt.
So hat man’s ausgeglichen. Der eine hat dem geholt, der eine wieder dem ande-
ren und so hat man zusammengeholfen. Da waren oft 7, 8 oder 9 Personen
waren dabei und haben Heu gebracht. Und das haben dann im Winter die
Leute, wo im Sommer … die jungen Leute waren eigentlich nicht so hier. Die
sind alle ausgewandert nach Frankreich oder nach Deutschland. Die meisten
nach Deutschland. Und im Winter waren sie zuhause. Ich weiß, meine Mutter
hat dann gesagt, ihre Mutter hat gesagt, jeder ist 40 Mal aufgebrochen bei
der Nacht. Da hat man um 2, 3, 4 Uhr hat man müssen auf die Berge gehen
wegen der Lawine.
I: Und was hat man da gemacht?
XX: Das Heu geladen auf … ja, ich kann das gar nicht sagen wie. [Hustet]
Da hat man gewisse Stricke gehabt und da hat man sechs Stricke, sagen wir
mal, so wie der Teppich war, sechs Stricke hat man quer genommen und dann
hat man Heu aus dem Stall geholt und hat’s drauf getan. Und dann hat man’s
wieder …
I: … zugebunden.
XX: … zugebunden. Und hat aber die Stricke wieder ausgebreitet. Und so sind
die Burden dann hoch geworden. Eine Burde war ja oft mannshoch. So hat
man solche geholt. […] Und so … die Männer sind oft um 9, 10 Uhr kamen
die Männer schon ins Tal mit dem Heu.
72 Hessenberger, Edith: Berglandwirtschaft, Arbeitsalltag und soziales Leben auf Maisäß, Alpe und
Mahd. In: Michael Kasper, Klaus Pfeifer (Hg.): Netza, Monigg und Sasarscha. Traditionelle Berg-
landwirtschaft in Gortipohl. (= Montafoner Schriftenreihe 23) Schruns 2011. S. 201–270. Hier
S. 267.
Erzählen vom Leben im 20. Jahrhundert
Erinnerungspraxis und Erzähltraditionen in lebensgeschichtlichen Interviews am Beispiel der Region Montafon/Vorarlberg
- Title
- Erzählen vom Leben im 20. Jahrhundert
- Subtitle
- Erinnerungspraxis und Erzähltraditionen in lebensgeschichtlichen Interviews am Beispiel der Region Montafon/Vorarlberg
- Publisher
- StudienVerlag
- Location
- Innsbruck
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 15.8 x 23.4 cm
- Pages
- 464
- Keywords
- Oral history, biographical narratives, narrative traditions, lebensgeschichtliches Erzählen, Erzähltraditionen
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- Vorwort 11
- Einführung 13
- 1. Kritik des lebensgeschichtlichen Erzählens 17
- 2. Quellenmaterial, Forschungsziel und Auswertung 47
- 3. Erinnerungspraxis und Traditionen lebensgeschichtlichen Erzählens 63
- 3.1. Einstiege in die lebensgeschichtlichen Erzählungen 63
- 3.2. Leitlinien des lebensgeschichtlichen Erzählens 67
- 3.3. Topoi in lebensgeschichtlichen Erzählungen 71
- 3.4. Lebensgeschichtliche Erzählstoffe und Mustererzählungen 73
- 3.4.1. Sagenhaftes von den AhnInnen 74
- 3.4.2. AhnInnen als GastarbeiterInnen 78
- 3.4.3. Traditionelle Landwirtschaft 84
- 3.4.4. Zuerwerb zur Landwirtschaft 98
- 3.4.5. Niedergang der traditionellen Berglandwirtschaft 104
- 3.4.6. Modernisierung 112
- 3.4.7. Alltag im traditionellen Gefüge 127
- 3.4.8. Bräuche und Gewohnheiten 136
- 3.4.9. Armut und einfache Verhältnisse 152
- 3.4.10. „Harte, arbeitsame Kindheit“ 162
- 3.4.11. Idyllisierung der einfachen Verhältnisse 173
- 3.4.12. Lausbuben- und Schulgeschichten 175
- 3.4.13. Autoritäten 183
- 3.4.14. Die 1930er Jahre und die „Tausend-Mark-Sperre“ 190
- 3.4.15. Der „Anschluss“ und seine Bedeutung für die MontafonerInnen 195
- 3.4.16. NS-Propaganda in der Schule 210
- 3.4.17. In der Hitlerjugend 213
- 3.4.18. Im (Un-)Wissen um die NS-Verbrechen 221
- 3.4.19. Repressives NS-System 230
- 3.4.20. Auflehnung und Widerstand 235
- 3.4.21. Schwarzhandel, Schwarzschlachten, Schwarzhören 237
- 3.4.22. Kriegsbeginn und die „verlorenen Jahre“ 243
- 3.4.23. Von den Schrecken des Krieges 252
- 3.4.24. Gefangenschaft 263
- 3.4.25. Heimkehr 268
- 3.4.26. Krieg in Vorarlberg 273
- 3.4.27. Flüchtlingsgeschichten 278
- 3.4.28. Von Kriegsgefangenen und ZwangsarbeiterInnen 287
- 3.4.29. Von Deserteueren und „Waldhockern“ 294
- 3.4.30. Die drohende Staumauersprengung im Vermunt 297
- 3.4.31. Kriegsende 301
- 3.4.32. „Heimatverteidiger“ und Widerstandsbewegung bei Kriegsende 304
- 3.4.33. Die französische „Besatzung“ und die „Marokkaner“ 309
- 3.4.34. Entnazifizierung 324
- 3.4.35. Armut und einfache Verhältnisse in der Nachkriegszeit 329
- 3.4.36. Schmuggeln und Schmugglergeschichten 333
- 3.4.37. Wildern und Wilderergeschichten 337
- 3.4.38. Beruflicher Werdegang und Ausbildung 340
- 3.4.39. Wirtschaftlicher Aufschwung in der Nachkriegszeit 349
- 3.4.40. Neu-Anfang mit dem Tourismus 353
- 3.4.41. Urlaube mit der Familie 366
- 3.4.42. Liebe und Ehe 370
- 3.4.43. Geburt der Kinder 381
- 3.4.44. Unfälle und Krankheiten 385
- 3.4.45. Umgang mit dem Altern 393
- 3.4.46. Umgang mit Tod und Verlust 395
- 3.4.47. Naturkatastrophen 400
- 3.4.48. Mystisches und rätselhafte Begebenheiten 406
- 3.4.49. Kultur- und Jugendpessimismus 411
- 3.4.50. Geschlechterrollen und -bilder 414
- 4. Zusammenfassung und Synthese 421
- 5. Verzeichnisse und Nachweise 439