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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL32
„Language is about something, does something, and is something itself; the con-
tent and conduct of emotional communication are integrally related.“93
In der Theorie der Emotionspraktiken wird dieser Punkt durch die Bezugnah-
me auf die Arbeiten des Emotionshistorikers William Reddy konkretisiert.94 Er
argumentiert, dass die sprachliche Artikulation von Emotionen diese nicht bloß
beschreibt, sondern sie aktiv gestalten beziehungsweise intensivieren kann. In
Anlehnung an Performanztheorien und den Begriff der performances nennt er
solche sprachlichen Akte emotives:
„Emotives are influenced directly by, and alter, what they ‚refer‘ to. Thus, emotives are
similar to performatives […] in that emotives do things to the world. Emotives are them-
selves instruments for directly changing, building, hiding, intensifying emotions, instru-
ments that may be more or less successful.“95
Kommunizierende und benennende Emotionspraktiken sind routinierte Arten
und Weisen der Anwendung solcher emotives. Das heißt auch, sie dürfen nicht als
strikt getrennt von den im Mittelpunkt stehenden mobilisierenden Emotionsprak-
tiken betrachtet werden. Sie sind nicht bloß Reflexionen der Mobilisierung von
Emotionen, sondern sie verschränken sich mit ihr, intensivieren sie, verändern
sie oder binden sie in soziale Zusammenhänge und kulturelle Bedeutungsgewe-
be ein. Kommunizierende und benennende Emotionspraktiken können demnach
zugleich als Artikulationen von Emotionen und Mittel ihrer Mobilisierung unter-
sucht werden. Gerade in dieser Doppelfunktion werden sie zum aussagekräftigen
Untersuchungsgegenstand in Bezug auf das jeweilige Vergnügen.
Für dessen Analyse sind viertens auch regulierende Emotionspraktiken rele-
vant. Im Feld der Populärkulturen können diese ebenfalls sowohl aus einer Mak-
roperspektive betrachtet werden, etwa wenn in öffentlichen Diskursen die gesell-
schaftliche Akzeptanz bestimmter Vergnügungstätigkeiten ausgehandelt wird
(man denke beispielsweise an die Diskurse rund um „Hooligans“, „Komasaufen“
oder „Killerspiele“), als auch aus einer Mikroperspektive, etwa wenn ein Fußball-
spieler beim Amateurspiel am Wochenende eine rote Karte für das Beschimpfen
des Schiedsrichters kassiert. Solche Praktiken können viel über die Grenzen und
emotionalen Regeln eines Vergnügens aussagen.
93 | Donald Brenneis: Shared and Solitary Sentiments. The Discourse of Friendship, Play
and Anger in Bhatgaon. In: Lutz/Abu-Lughod: (Hg): Language and the Politics of Emotion,
S. 113-125, hier: S. 114.
94 | Vgl. Scheer: Emotionspraktiken, o.S.; William M. Reddy: Against Constructionism.
The Historical Ethnography of Emotions. In: Current Anthropology 38 (Juni 1997), H. 3,
S. 327-351; Ders.: The Navigation of Feeling. A Framework for the History of Emotions.
Cambridge 2004, insbesondere: S. 96-110.
95 | Ebd., S. 105.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Titel
- Gewalt im Computerspiel
- Untertitel
- Facetten eines Vergnügens
- Autor
- Christoph Bareither
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364