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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL54 ausreichend konkret und doch weich genug umrissen wird. Allerdings bleiben wichtige Fragen ungeklärt. Erstens ist der Begriff der „world“, wie Boellstorff selbst anmerkt, eine „dangerously naturalistic metaphor“,172 die die aufgelöste Dichotomie von Realität und Virtualität sogleich durch eine neue Dichotomie zwischen „virtueller Welt“ und „faktischer Welt“ zu ersetzen droht.173 Zweitens definiert Boellstorff nicht, was genau unter „actual“ zu verstehen ist, sondern verweist lediglich auf die provisorische Funktion des Begriffs.174 Es scheint ihm dabei vor allem um physikalisch konkretisierbare Entitäten zu gehen, zu denen die Bestandteile einer „virtuellen Welt“ eben nicht zu rechnen seien.175 Dass aber auch „virtuelle Welten“ durchaus physikalische Grundlagen (Hardware, Glasfa- serkabel, Lichtwellen, Schallwellen, die Körper der Spieler, etc.) voraussetzen, bleibt hier außen vor. Entscheidend ist letzteres, da aufgrund dieser Vorausset- zungen auch die klare Unterscheidung von „virtuell“ und „faktisch“ letztlich nicht aufrechtzuerhalten ist. Diesen Problemen ist sich Boellstorff durchaus be- wusst und bittet die LeserInnen deshalb, „to play along with my deployment of the virtual/actual binarism, for what it reveals about the role of a distinction between virtual and actual.“176 Während dieses playing along für zahlreiche ethnografische Studien zu „vir- tuellen Welten“ eine pragmatische und auch produktive Forschungsgrundlage bildet, bleiben dabei entscheidende Stärken des Virtualitätsbegriffs ungenutzt. Das Potenzial des Virtuellen in seiner Unterscheidbarkeit von Faktischem bezie- hungsweise von konkreten physischen Entitäten zu suchen, ist ein erster wich- tiger Schritt, dem aber konsequenterweise ein zweiter folgen muss. Denn eine zentrale Funktion des Virtuellen, zumindest in Computerspielen, besteht nicht in der Trennung von, sondern im Verweis auf Physisches (Boellstorff deutet das in der Formulierung „approaching the actual“ selbst an, s.o.). Der Philosoph Philip Brey beschreibt diesen Prozess im Detail.177 Grundle- gend unterscheidet er zwischen „digital objects“ und „virtual objects“. Digitale Objekte sind für ihn die vom Computer berechneten Bits und Bytes, die zwar streng genommen keine identifizierbare Masse und keinen expliziten Ort im phy- sischen Raum haben, aber als persistente, einheitliche und stabile Strukturen mit spezifizierbaren Relationen zu physischen Objekten (Hardware) selbst einen Ob- 172 | Ebd., S. 18. 173 | Vgl. dazu auch Vili Lehdonvirta: Virtual Worlds Don’t Exist. Questioning the Di- chotomous Approach in MMO Studies. In: Game Studies. The International Journal of Computer Game Research 10 (2010), H. 1, o.S. 174 | Vgl. Boellstorff: Coming of Age in Second Life, S. 21. 175 | Im Glossar formuliert Boellstorff eher ausweichend: „actual world: a place of hu- man culture not realized by computer programs through the Internet.“ Ebd., S. 251. 176 | Vgl. ebd., S. 19. 177 | Vgl. Philip Brey: The Physical and Social Reality of Virtual Worlds. In: Grimshaw (Hg.): The Oxford Handbook of Virtuality, S. 42-54, hier insb.: S. 44.
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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