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THEORIE UND METHODE 59
wird dem Spiel ganz generell „der Status einer Grundkonstante menschlichen
Handelns“ zuerkannt.188
Es liegt auf der Hand, dass auch im Folgenden jenem „begrifflichen
Rauschen“189 rund um den Spielbegriff keine klare Definition entgegengehalten
werden kann, von der ohnehin kein ethnografischer Mehrwert zu erwarten wäre.
Zu fragen bleibt dann, inwiefern das Begriffselement Spiel als Hinweis auf Be-
sonderheiten einer bestimmten Tätigkeit eine ethnografisch-analytische Funkti-
on erhält. Oder anders formuliert: Welchen analytischen Mehrwert erreicht man,
wenn man virtuelle Gewalt zugleich als eine spielerische oder ludische Tätigkeit
beschreibt?
Mit Hinblick auf spieltheoretische Ansätze lassen sich mindestens drei Eigen-
schaften spielerischer Prozesse herausarbeiten. Erstens wird Spielen oft als eine
freiwillige und um ihrer selbst willen ausgeführte Tätigkeit beschrieben.190 In
manchen spieltheoretischen Beiträgen driftet diese Beobachtung ab in die These,
dass Spielen stets zweckfrei sei.191 Konkreter und ethnografisch produktiver ist,
Spielen nicht als zweckfreie, sondern als eine ihren Zweck primär in sich selbst
beziehungsweise in den gemachten emotionalen Erfahrungen findende Tätigkeit
zu verstehen. „Spielerisches Verhalten ist lustvoll“, bringt Jürgen Fritz diesen As-
pekt auf den Punkt.192 „Sofern sie es vermögen, suchen Menschen diese lustvol-
len Tätigkeiten auf und finden darin zum Teil eine sehr tiefe und nachhaltige
Befriedigung.“193 Als Eigenschaft einer Tätigkeit gedacht, ist diese Ausrichtung
auf positive Erfahrungen allerdings kein Alleinstellungsmerkmal für das Spielen.
Denn dadurch zeichnen sich beispielsweise auch ästhetische Erfahrungen und
(als breiter angelegtes Konzept) Vergnügen im Allgemeinen aus (vgl. auch Kap.
2.1.4). Bis hierhin trägt der Spielbegriff also noch nicht zu einer Konkretisierung
des Untersuchungsgegenstands bei.
188 | Caja Thimm/Lukas Wosnitza: Das Spiel – analog und digital. In: Caja Thimm (Hg.):
Das Spiel: Muster und Metapher der Mediengesellschaft. Wiesbaden 2010, S. 33-54,
hier: S. 33.
189 | Jürgen Fritz: Das Spiel verstehen. Eine Einführung in Theorie und Bedeutung. Wein-
heim 2004, S. 16; vgl. zu dieser begrifflichen Vielfalt auch die Liste von als Spiel be-
zeichneten Tätigkeiten bei Brian Sutton-Smith: The Ambiguity of Play. Cambridge, MA/
London 2001, S. 4-5.
190 | Vgl. exemplarisch Caillois: The Definition of Play and The Classification of Games,
S. 125.
191 | Für eine Kritik dieser These vgl. auch Bausinger: Zur Kulturgeschichte des Spiels
und des Spielerischen, S. 25-26. Bernhard Tschofen verweist außerdem darauf, dass die
Konstruktion der Zwecklosigkeit des Spielens in die Diskurse der Aufklärung zurückreicht.
Vgl. Ders.: Spiel und Gesellschaft. In: Hermann Bausinger u.a.: Spielwelten. Spiele und
Spielzeug aus zwei Jahrhunderten. Bregenz 1988, S. 31-45, hier: S. 35.
192 | Fritz: Das Spiel verstehen, S. 26.
193 | Ebd.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Titel
- Gewalt im Computerspiel
- Untertitel
- Facetten eines Vergnügens
- Autor
- Christoph Bareither
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364