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THEORIE UND METHODE 89
aus den anderen Materialarten herausgearbeiteten Erfahrungen gezielt aufzugrei-
fen und so die Verdichtung und Validierung der Erkenntnisse zu unterstützen.
In einer dritten Phase der Codierung, die sich am Prinzip des selektiven Co-
dierens in der GTM orientiert,255 wurde schließlich auf die „Sättigung“ der je-
weiligen Kategorien hingearbeitet. Damit ist in der GTM „der Punkt im Verlauf
der Analyse gemeint, an dem zusätzliche Daten und eine weitere Auswertung
keine neuen Eigenschaften der Kategorie mehr erbringt und auch zu keiner Ver-
feinerung des Wissens um diese Kategorie mehr beiträgt.“256 Allerdings dient in
der GTM das selektive Codieren und das Erreichen einer theoretischen Sättigung
insbesondere der Erarbeitung von Theorie. Die vorliegende Studie zielt – ich wie-
derhole mich hier bewusst – nicht ausschließlich auf Theoriebildung, sondern
auf die nachvollziehende Beschreibung von emotionalen Erfahrungen. Eine Sät-
tigung wurde deshalb nicht dann erreicht, wenn eine abschließende theoretische
Aussage erarbeitet und verifiziert werden konnte, sondern wenn aus der Daten-
analyse klar erkennbare und beschreibbare Erfahrungsfacetten hervortraten.
Dieser Anspruch ist zugleich problematisch, insofern emotionale Prozesse
letztlich nicht abschließbar sind und ihre analytische Einhegung einen durchaus
deduktiven Eingriff darstellt. Allerdings ist dieser Schritt notwendig, um die cha-
otische und verschachtelte empirische Wirklichkeit in eine als Text vermittelbare
und möglichst übersichtliche Ethnografie münden zu lassen. Ich meine, dass im
Folgenden dabei eine dem Feld angemessene Aufteilung der Erfahrungsfacetten
gefunden wurde, aber natürlich hätte man diese Grenzen auch anders ziehen kön-
nen. Der Begriff „Facetten“ soll letztlich genau darauf hinweisen, dass die jewei-
ligen Erfahrungsbereiche eben nicht klar und objektiv zu trennen sind, sondern
dass sie stets miteinander verbunden bleiben – und wichtiger noch: dass sich das
Vergnügen an Computerspielgewalt gerade aus dieser Verflechtung ergibt.
2.3.7 Abgrenzungen
Bei der Bearbeitung eines mit so vielen Zuschreibungen und Wertungen aufgela-
denen Forschungsgegenstands wie dem Vergnügen an Computerspielgewalt wird
man als Forschender immer wieder mit sehr spezifischen Erwartungshaltungen
konfrontiert. Daher seien hier abschließend noch einige Abgrenzungen vorge-
nommen, die klären, was die vorliegende Studie nicht leistet.
Die Studie möchte in keiner Weise das Vergnügen an Computerspielgewalt
oder die beobachteten Praktiken werten, weder im positiven noch im negativen
Sinne. Auch beschäftigt sich diese Studie in keiner Weise mit möglichen Wir-
kungen von Computerspielen auf ihre Spieler.257 Drittens setzt sich die Studie
255 | Vgl. ebd., S. 143-161.
256 | Strübing: Grounded Theory, S. 33.
257 | Differenzierte Überblicke zu Medienwirkungsfragen geben u.a. Matthias Bopp:
„Killerspiele“ – Zum aktuellen Stand der Wirkungsforschung. In: Ders./Serjoscha Wiemer/
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Titel
- Gewalt im Computerspiel
- Untertitel
- Facetten eines Vergnügens
- Autor
- Christoph Bareither
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364