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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL96
raumschlachten im Krieg der Sterne-Spiel Rebel Aussault von 1994 beispielsweise
hebt ein Tester mit den Worten hervor: „Mit ohrenbetäubendem Donnern krei-
schen ein paar TIE-Fighter an meinem Raumer rechts vorbei, während links in
einer gigantischen Explosion unter dem Zischen meiner Laserkanonen ein im-
perialer Jäger verglüht.“8 Und unter einem Screenshot des Ego-Shooters Doom 2
– Hell on Earth, auf dem die „Chaingun“ des Spielers einen Zombie durchlöchert,
werden die Einschlagseffekte bewundert: „Schöner Sterben: Die Chaingun lässt
den Zombies keine Chance“.9
Das Wort „schöner“ in diesem Kommentar ist signifikant. Es macht einen
Unterschied für das Vergnügen an Computerspielgewalt, ob beispielsweise ein
gegnerisches Raumschiff bei einem erfolgreichen Treffer leise verschwindet oder
in einer knallenden, gut animierten Explosion in alle Einzelteile zerfetzt wird,
und genauso, ob ein Zombie einfach umfällt oder begleitet von komplexen Tref-
feranimationen zu Boden sinkt (siehe Screenshot zum letzten Beispiel). Genau
das bringt Heinrich Lenhardt 1994 in einem Test zum Fantasy-Actionspiel The
Elder Scrolls: Arena auf den Punkt: „Der Befriedigungsfaktor beim Zerschnippeln
widerlicher Orks ist dank starker Grafik und spannender Soundeffekte besonders
hoch.“10
Die Effekt-Steigerungslogik der Computerspielbranche bringt dabei immer
Neues hervor: spektakuläre Trefferanimationen, detaillierte Nahkampfkills,
teils einzeln abtrennbare Gliedmaßen, Bluteffekte, und so weiter. Das bedeutet
allerdings nicht, dass Computerspiele in einem linearen Prozess immer realisti-
scher werden. Der Medienwissenschaftler Stephan Günzel verweist darauf, dass
die Veränderung der Bildstile von Computerspielen nicht unhinterfragt als „eine
Annäherung des Bildes an die Wirklichkeit“ interpretiert werden darf, sondern
sie „vielmehr einer immanenten Entwicklungslogik der gegenständlichen Dar-
stellungsweise“ folgt.11 Was sich steigert, ist nicht der Realismus der Gewaltdar-
stellungen, sondern ihre Detailgenauigkeit und die Komplexität der Animatio-
nen.12 Genau das steht auch bei den Testberichten in Computerspielzeitschriften
im Vordergrund: die Freude an der Originalität, Vielfältigkeit, Kreativität und
8 | Michael Hengst: Rebel Assault. In: Power Play (1994), H. 1, 46-47, hier: S. 46.
http://www.kultboy.com/index.php?site=t&id=3346
9 | Michael Hengst: Hell on Earth. Die Zahl des Tiers. In: Power Play (1994), H. 11, S.
38-40, hier: S. 38. http://www.kultboy.com/index.php?site=t&id=514
10 | Heinrich Lenhardt: The Elder Scrolls: Arena. In: PC Player, S. 42-43, hier 43. http://
www.kultboy.com/index.php?site=t&id=5931
11 | Günzel: Simulation und Perspektive, S. 341.
12 | Vgl. aus Perspektive der Gewaltforschung auch Randall Collins: „One reason that
real violence looks so ugly is because we have been exposed to so much mythical vio-
lence. That we actually see it unfolding before our eyes in films and on television makes
us feel that this is what real violence is like. Contemporary film style of grabbing the vie-
wers’ attention with bloody injuries and brutal aggressiveness may give many people the
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Titel
- Gewalt im Computerspiel
- Untertitel
- Facetten eines Vergnügens
- Autor
- Christoph Bareither
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364