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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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VIRTUELL-KÖRPERLICH 105 „Bäm!“ Diese Annahme ist nicht leicht anhand der ethnografischen Materialien zu über- prüfen. Denn die Emotionspraxis des Effektstaunens unterscheidet nicht syste- matisch zwischen ‚passiven‘ und ‚aktiven‘ Situationen. Auch in Interviews fällt die Artikulation solcher Erfahrungen schwer. Für das lustvolle Erleben eigener Wirksamkeit existieren in unserem Alltag, wie für so viele emotionale Erfahrun- gen, keine adäquaten sprachlichen oder sonstigen Repräsentationen. Man kann sie lediglich umschreibend benennen (vgl. auch Kap. 2.3.3). Ein Beispiel für eine solche Umschreibung gab der Spieler Blackpanther im Interview zu DayZ. Ob- wohl hier das massenhafte Abschießen von computergesteuerten Zombies ei- gentlich zu den eher unspektakulären Nebentätigkeiten gehört, macht sie ihm Freude: „Ich tu auch gern Zombies töten. Das find ich auch cool. Zombies töten und so macht mich auch glücklich.“ (IV3) Als ich nachfrage, was daran so viel Spaß mache, antwortet er hörbar schmunzelnd: „Weil sie einfach weg sind.“ Wir beide müssen unwillkürlich lachen, denn wir wissen, was gemeint ist, auch wenn sich diese Erfahrung schwer in Worte fassen lässt. Ein solches wissendes Lachen ist mir in vielen Fällen als Hinweis auf die implizite Vertrautheit mit dem Selbst- wirksamkeitserleben bei der Ausübung ludisch-virtueller Gewalt begegnet. Das Problem ihrer sprachlichen Vermittlung löst sich dadurch aber nicht. Insofern ist es ethnografisch hilfreich, dass sich mangels passender Artikula- tionen ein eigenes Set an Ausrufen in Computerspielkulturen durchgesetzt hat, um genau diese Erfahrung zur Sprache zu bringen. Sowohl in Let’s Play-Videos als auch in Online-Multiplayer-Spielen wird die Ausübung ludisch-virtueller Ge- walt regelmäßig mit Ausrufen wie „Booom!“, „Pam!“, „Bomms!“, „Badabum!“, „Bufftata!“, „Pow!“, „Zack!“ und allen voran „Bam!“ beziehungsweise „Bäm!“ un- terstrichen. Als kommunizierende Emotionspraktiken bringen diese Ausdrücke die Lust an der eigenen Wirksamkeit zur Sprache. Diese Schlussfolgerung ist eine Interpretation, die am besten nicht durch Theoretisierung, sondern durch anschauliche Materialien untermauert wird. Im Folgenden deshalb drei Beispiele für solche Momente aus Let’s Play-Videos. Den Anfang macht eine kurze Sequenz, in der das „Bäm!“ auf alltägliche Weise verwendet wird. Es geht um einen routinierten und relativ unspektakulä- ren Kill. Der Let’s Player Piet bewegt sich durch eine Eislandschaft im Fantasy- Singleplayer-Spiel Skyrim (empfohlenes Beispiel).44 Als er ein dort gestrandetes Schiff begutachtet, entdeckt er aus der Ego-Perspektive seines Ritters einige Ban- diten. Mit dem Ruf „Mieses Banditenpack!“ stürzt er den Gegnern entgegen und zieht dabei sein großes Breitschwert. Den ersten Banditen streckt er mit einem schwungvollen Hieb nieder und unterstreicht diese Aktion mit einem kräftigen „Bäm!“. Der Kampf geht nahtlos weiter und er widmet sich den übrigen Banditen. 44 | PietSmiet (Piet): SKYRIM # 6 - Überfordert «» Let’s Play The Elder Scrolls V: Skyrim | HD (31.7.2013), 11:02-11:25. https://www.youtube.com/embed/_qNV9Dk2BMk?start =662&end=685
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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