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							VIRTUELL-KÖRPERLICH 107
Ausrufe akustisch einen Schlag beziehungsweise das Abfeuern und Auftreffen
eines Geschosses nach. Deshalb werde ich diese Erfahrungsfacette im Folgenden
– zugleich in Anlehnung an den und in Abgrenzung vom Begriff der Funktions-
lust (s.o.) – als Einschlagslust bezeichnen.48 Insofern die angeführten Ausrufe
unmittelbar den Moment des selbst ausgelösten Einschlags (sei es per Schuss,
Schulterstoß oder Schwerthieb) auf computervermittelte Gegner emphatisch un-
terstreichen, können sie als Artikulationen der Freude daran interpretiert werden.
Sie betonen das Einfühlen in diesen Moment des Einschlags und heben ihn als
Kumulationspunkt einer als positiv gedeuteten Selbstwirksamkeit hervor.
Neu sind Ausdrücke wie „Bäm!“ natürlich nicht. Im seinem oben bereits an-
geführtem Text von 1983 beschreibt beispielsweise Helge Andersen den Moment
des Zerstörens eines Gegners mit „Wumm, der saß!“;49 im gleichen Jahr macht
eine Werbung mit der Überschrift „RAMM! BAMM! ZACK! KLACK!“ Lust auf
eine Reihe an Actionspielen;50 und eine Zeichnung zum Computerspiel Popeye
untermalt den dargestellten Fausthieb der bekannten Comicfigur (den Popeye
einem bärtigen Seemann verpasst) mit dem Ausdruck „Pow!“,51 was zugleich
auf die lange Tradition solcher Artikulationen in Comic- und Cartoonkulturen
verweist.
Ob solche kommunizierenden Emotionspraktiken allerdings bereits in den
1980er-Jahren Bestandteil der tatsächlichen Spielpraxis waren, ist schwer zu
sagen. Heute sind sie es definitiv, das zeigt ihre regelmäßige Verwendung in
Online-Sprachkanälen und Let’s Play-Videos. Etwa 25% der in der vorliegenden
Studie untersuchten Kampfsequenzen in den Let’s Play-Videos des Fantasy-Spiels
Skyrim enthielten mindestens einen dieser Ausdrücke, in den Ego-Shootern
Battlefield 3+4 sind es 40%, in den Action-Adventures Tomb Raider und Assassin’s
Creed 4 sogar 60%. Solche Zahlen sind relativ und hängen nicht nur vom jewei-
ligen Spiel, sondern auch vom persönlichen Moderationsstil eines Let’s Players,
48 | Thomas Hausmanningers Verwendung des Konzepts der „Funktionslust“ im Kontext
von Gewalt in Film und Fernsehen weist gewisse Parallelen zum Modell des „Selbst-
wirksamkeitserlebens“ bei Klimmt (s.o.) auf, insbesondere dort, wo Hausmanninger von
der Funktionslust auf sensomotorischer Ebene spricht. Da es bei Hausmanninger aber
generell um Funktionslust beim ‚passiven‘ Ansehen von Gewaltdarstellungen geht, wären
zahlreiche Differenzierungen zum Computerspielen nötig. Die Unterscheidung versuche
ich kurzerhand durch die Variante „Einschlagslust“ zu unterstreichen und so das aktive
Moment ludisch-virtueller Gewalt deutlich hervorzuheben. Vgl. Hausmanninger: Vom in-
dividuellen Vergnügen und lebensweltlichen Zweck der Nutzung gewalthaltiger Filme, hier
insb.: S. 231-237.
49 | Andersen: Schnell, schneller, superschnell, S. 19.
50 | Vgl. Telematch (1983), H. 5, S. 73. http://www.kultpower.de/archiv/heft_telematch
_1983-05_seite72
51 | Vgl. Telematch (1983), H. 7, S. 46. http://www.kultpower.de/archiv/heft_telematch
_1983-07_seite46
					
				
						Gewalt im Computerspiel
							Facetten eines Vergnügens
								
				- Titel
 - Gewalt im Computerspiel
 - Untertitel
 - Facetten eines Vergnügens
 - Autor
 - Christoph Bareither
 - Datum
 - 2016
 - Sprache
 - deutsch
 - Lizenz
 - CC BY-NC-ND 4.0
 - ISBN
 - 978-3-8394-3559-5
 - Abmessungen
 - 14.8 x 22.5 cm
 - Seiten
 - 370
 - Schlagwörter
 - Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
 - Kategorie
 - Medien
 
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
 - 2. Theorie und Methode 15
 - 3. Virtuell-körperlich 93
 - 4. Kompetitiv und kooperativ 199
 - 5. Dramatisch und deviant 247
 - 6. Ambivalent 297
 - 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
 - Literatur und Anhang 333
 - Literatur 333
 - Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
 - Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
 - Verzeichnis der geführten Interviews 364