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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL136 Für den 26-Jährigen Spieler Marco, der im MMORPG The Elder Scrolls Online große Spielergruppen im sogenannten PvP-Modus (Player versus Player) leitet, ergibt sich aus der Möglichkeit des Dominierens eine Möglichkeit zum „Dampf […] rauslassen“, die er im sonstigen Alltag nicht hat: „Wenn dir halt mal einer [der menschlichen Gegenspieler, C.B.] auf den Sack geht, dann fixierst du dich halt mal wirklich nen Abend auf den und du farmst den Idioten wirklich tot, bis er keinen Bock mehr hat.“ (IV13) Das „Abfarmen“ meint hier das wiederholte Töten eines Gegners, der immer wieder mit einem wiederbelebten Avatar in den Kampf zieht und ein ums andere Mal von Marco besiegt wird, wofür letzterer jede Menge Punkte kassiert. Allerdings weiß Marco auch, dass es für den anderen Spieler sehr frustrierend sein kann, auf diese Weise abgefarmt zu werden: „Es ist zwar scheiße, es gibt dir aber dann ne gewisse Befriedigung, ja? Wo du dir dann wirklich denkst: ‚So, dir hab ich’s mal so richtig gegeben, du Penner.‘ Und das kannst du halt im reellen Leben nicht machen. Da kannst du halt nicht sagen: ‚Ich klatsch dich jetzt den ganzen Abend so lang, bis du nicht mehr existierst.‘ Das geht halt nicht. Das macht man auch nicht. Das gehört sich auch nicht. Aber in so nem Spiel hast du halt so Freihei- ten, die du halt im reellen Leben nicht hast.“ (IV13) Für manche Spieler sei das wie eine Therapie, meint er. Für andere, wie ihn selbst, sei das einfach ein bisschen Entspannung. Da könne man seinen Frust rauslas- sen. Andere, sagt er, machen da Karate und so weiter: „Das brauch ich nicht, ich geh dann halt online und sag dann [imaginiert zu einem gegnerischen Spieler, C.B.]: ‚Hey, ich bin heut ein bisschen mies drauf, du bist heut mein Opfer‘, und: ‚Geh nach Hause, learn to play!‘“ (IV13) Ob die Ausübung von Computerspielgewalt die erhoffte entspannende Wir- kung hat, ist hier nicht Gegenstand der Analyse.152 Allerdings macht Marco ge- nau wie die anderen interviewten Spieler deutlich, dass sich aus dem Wissen um die emotionale Involviertheit eines menschlichen Gegners eine besondere Art der Dominanzerfahrung ergeben kann. Die Rede von einem „Opfer“ darf jedoch nicht dahingehend missverstanden werden, dass die Erfahrung der Do- minanz zwangsläufig einen ernsten Charakter hat. Wie in LP-Videos wird auch in Multiplayer-Games die eigene Dominanz nur selten mit ernstem Tonfall und wütendem Nachdruck artikuliert, beispielsweise wenn ein Spieler den Kill eines Gegners mit Worten wie: „Sooo, friss Dreck du Wichser!“, kommentiert. (FT) In 152 | Verweise auf die entspannende Wirkung können auch Legitimationsstrategien sein. Kaspar Maase argumentiert: „Am Erbe der Nützlichkeitsreligion tragen wir bis heute. Unterhaltung und Spiel, Vergnügung und ‚Nichtstun‘ sind legitimiert einzig als Erholung von und für Arbeit, ernsthafte Tätigkeit. Einen Eigenwert gesteht ihnen unsere Kultur bis heute nicht zu.“ Ders.: Selbstfeier und Kompensation. Zum Studium der Unterhaltung. In: Ders./Bernd-Jürgen Warneken (Hg.): Unterwelten der Kultur. Themen und Theorien der volkskundlichen Kulturwissenschaft. Köln/Weimar/Wien 2003, S. 219-242, hier: 229.
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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