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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL144 che Akteure in unterschiedlichen Kulturen und in unterschiedlichen Situationen auf unterschiedliche Weise relevant und wirksam werden. Die Nutzung von Begriffen wie „ficken“ und „rapen“ zur Artikulation von positiv gedeuteten Dominanzerfahrung, so könnte man zugespitzt formulieren, greift aus dieser Vielzahl männlich konnotierter Weisen des Fühlens eine beson- ders klischeehafte heraus. Diese Art des Fühlens findet Genuss an der aggressi- ven, sexuellen und mit physischer Gewalt gleichzusetzenden Penetration von an- deren sozialen Wesen. Wenn ich von einem Herausgreifen spreche, dann meine ich damit einen auf Geschlechtlichkeit bezogenen Prozess der „Aktualisierung“ im Sinne Stefan Hirschauers.165 Es geht um einen „Mobilisierungsprozess“,166 der – so lässt sich aus emotionspraxistheoretischer Perspektive ergänzen – diese Art von Männlichkeit durch Nutzung sexuell aufgeladener emotives vergegenwärtigt und in die soziale Interaktion der Akteure einfließen lässt. Anders gewendet: Indem Spieler durch Begriffe wie „ficken“ oder „rapen“ positiv gedeutete Domi- nanzerfahrungen zur Sprache bringen, laden sie den Prozess dieser emotionalen Erfahrung zusätzlich mit einer spezifischen Vorstellung von Männlichkeit auf und fügen sich selbst zugleich fühlend in diese Vorstellung ein. Das heißt allerdings nicht, dass sie diese Art der Männlichkeit beziehungswei- se das auf spezifische Weise als männlich konnotierte Fühlen zwangsläufig ernst nehmen, und auch nicht, dass das Vergnügen daran in einer Art körperlichen Bestätigung bestimmter Männlichkeitsstereotypen besteht. Genau hier liegt, so meine ich, im Gegenteil die Gefahr einer zu weit gehenden Interpretation. Es mag in Einzelfällen der Fall sein, dass Spieler sich durch solche Emotionspraktiken als ‚echte Männer‘ fühlen und das auch ernst nehmen. Doch für die Spielkulturen und die auch zwischen den Akteuren sichtbaren, routinierten Prozesse gilt, dass diese spezifische Art der Männlichkeit aufgegriffen wird, damit man spielerisch mit ihr umgehen und in diesem Prozess etwas Besonderes erleben kann. Das zeigt sich in den konkreten Emotionspraktiken an der Art und Weise, wie Spieler diese Art des als männlich konnotierten Fühlens in die Tat umsetzen: in der überwiegenden Zahl der Fälle in einer überspitzten Manier, mit ironischem Unterton oder – so wie Klaus oben, als er im Interview über das „rapen“ spricht – mit einem schelmischen Lachen auf den Lippen. Die meisten mir bekannten Spieler nehmen weder diese Variante von Männlichkeit noch sich selbst als tem- poräre Akteure derselben ernst. Sie binden sie vielmehr als weiteren Baustein in den Prozess des Vergnügens ein und jonglieren mit den damit verbundenen Bedeutungsangeboten, um so ihren Spaß zu haben. Dafür scheint gerade diese Variante von Männlichkeit besonders gut geeignet zu sein, weil sie erstens hochgradig anschlussfähig an das Spiel mit Repräsentati- onen physischer Gewalt ist, und weil sie zweitens emotional polarisiert. Sie ist ext- rem – und gerade in dieser Extremität wird sie zur bereichernden Zutat im emoti- 165 | Hirschauer: Das Vergessen des Geschlechts, S. 218. 166 | Ebd.
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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