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das beispielsweise ein Tester des Actiongames Alien Breed 3D von 1995. Besonders
schlimm sei es,
„wenn man eines dieser Alienbiester erst durch laute Schreie und die damit einhergehen-
den Schüsse in den Rücken bemerkt. Nach so einem Erlebnis wird jeder Raum meist mit
einer Gänsehaut betreten und verhaltenes Lauschen nach verdächtigen Geräuschen geht
einher mit nervösem Zittern des Abzugfingers.“192
Genau wie unsere faktischen physischen Körper im Alltag aus vergangenen
Erfahrungen lernen und darauf aufbauend bestimmte Situationen als bedroh-
lich einstufen, so durchlaufen auch Spieler durch ihre virtuellen Körper einen
Lernprozess. Die Spannung entsteht aus der Erwartung der Wiederholung ver-
gangener Erfahrungen mit akuten virtuell-körperlichen Bedrohungssituationen.
Angesichts der Intensität dieser Erwartung kann das erneute Hereinbrechen der
akuten Stress-Situation mitunter auch als befreiende Loslösung gedeutet werden.
Im Test zu einem Ego-Shooter von 2003 bringt Petra Schmitz das auf den Punkt:
„Ganz schön beklemmendes Gefühl, wenn man durch die Straßenschluchten von
Mogadischu robbt und ständig den Gegner im Nacken spürt. Da ist man fast froh,
wenn jemand tatsächlich das Feuer eröffnet.“193
In Ego-Shootern ist dieses „beklemmende Gefühl“ aber nicht die wesentliche
Erfahrungsfacette. Der Fokus liegt hier meist auf der Ausübung von Computer-
spielgewalt und dem widerfahrenen Stress. Ruhigere Passagen sind hier eher kur-
ze Zwischenspiele in der sonst hastigen Action. Anders ist das in Third- und First-
Person-Horrorspielen, die ich als eine Unterkategorie von Actionspielen verstehe.
Wie der an die Bezeichnung Horrorfilm angelehnte Genrename suggeriert,194
steht hier die Widerfahrnis von Computerspielgewalt im Mittelpunkt.
Ein populäres Beispiel dafür ist das Gratisspiel Slender – The Eight Pages von
2012, das auch in der Let’s Play-Szene große Beachtung fand. Man startet hier in
der Ego-Perspektive eines weiblichen Avatars (erkennbar am weiblich klingenden
Keuchen) mitten in einem dunklen Wald. Waffen gibt es keine, lediglich eine
Taschenlampe, deren Batterie nur kurze Zeit hält. Während man sich so durch
ror Games. O.O. 2004, o.S. http://ludicine.ca/sites/ludicine.ca/files/Perron_Cosign_
2004.pdf
192 | Michael Erlwein: Alien Breed 3D. Die dritte Dimension. In: Amiga Games (1995), H.
11, o.S. http://www.kultboy.com/index.php?site=t&id=8
193 | Petra Schmitz: Dramatischer Taktik-Shooter mit viel Action. Delta Force: Black
Hawk Down im Test. In: Gamestar.de (1.5.2003). http://www.gamestar.de/spiele/delta
-force-black-hawk-down/test/delta_force_black_hawk_down,37636,1341053.html
194 | Für einen Vergleich von Stilelementen des Horrorfilms mit solchen des Horror-
spiels siehe Richard Rouse III: Match Made in Hell. The Inevitable Success of the Horror
Genre in Video Games. In: Bernard Perron (Hg.): Horror Video Games. Essays on the Fu-
sion of Fear and Play. Jefferson, NC 2009, S. 15-25.
					
				
						Gewalt im Computerspiel
							Facetten eines Vergnügens
								
				- Titel
 - Gewalt im Computerspiel
 - Untertitel
 - Facetten eines Vergnügens
 - Autor
 - Christoph Bareither
 - Datum
 - 2016
 - Sprache
 - deutsch
 - Lizenz
 - CC BY-NC-ND 4.0
 - ISBN
 - 978-3-8394-3559-5
 - Abmessungen
 - 14.8 x 22.5 cm
 - Seiten
 - 370
 - Schlagwörter
 - Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
 - Kategorie
 - Medien
 
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
 - 2. Theorie und Methode 15
 - 3. Virtuell-körperlich 93
 - 4. Kompetitiv und kooperativ 199
 - 5. Dramatisch und deviant 247
 - 6. Ambivalent 297
 - 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
 - Literatur und Anhang 333
 - Literatur 333
 - Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
 - Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
 - Verzeichnis der geführten Interviews 364