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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL154 den dunklen Wald bewegt, wummert im Hintergrund bedrohliche Musik. Einzi- ges Ziel des Spiels ist, so erfährt man nach einiger Suche, acht handgeschriebe- ne Zettel aufzusammeln, die vor dem sogenannten Slender Man warnen. Findet man einen dieser Zettel, wird die Musik bedrohlicher. Die Spannung baut sich weiter auf, bis irgendwann, plötzlich, eine unförmige Gestalt mit weißem Gesicht da steht, mitten im Wald, und in die Ego-Perspektive starrt. Unwillkürlich läuft man als Spieler davon – dann wieder Stille. Doch immer wieder taucht der Slen- der Man auf, bis man ihm irgendwann in die Arme läuft. Kein Blut spritzt – der Bildschirm wird lediglich in eine Art Störbild überblendet, begleitet von einem elektrisch-metallischen Dröhnen. In dieser Art von Spielen ist die aus der Erwartung der Widerfahrnis von Computerspielgewalt entstehende Spannung ein zentrales Element. Das Spiel Slender nennt der Computerspieljournalist Florian Heider deshalb „ein Lehrstück darüber, wie man mit einfachsten Mitteln pures Grauen erzeugt.“195 Dazu liefert er keinen klassischen Test, sondern einen „Erfahrungsbericht“, in dem er seine Erlebnisse ausführlich beschreibt.196 Er beginnt mit seiner anfänglichen Voran- nahme, dass ihn so ein Spiel „als alten Horrorfan“ ohnehin nicht gruseln könne. Doch dann setzt er sich an den Computer: „Es ist still in meiner Wohnung. Kopf- hörer auf, Lautstärke hochgedreht, Blick zum Monitor, völlig ausgeklinkt von der Außenwelt.“197 So startet er das Spiel, bewegt sich durch den Wald, findet die erste der acht Seiten und das Wummern beginnt. Schnell nimmt die Spannung zu – einmal hat er den Slender Man bereits erspäht. Nun bewegt er sich innerhalb des Waldes in eine dunkle Ruine. In seinem Erfahrungsbericht beschreibt er diesen Moment: „Ein Raum, in der Ecke ein alter, auf dem Boden liegender Stuhl und dort an der Wand, der zweite Zettel. Kurze Freude weicht blankem Entsetzen. Dieses Bild, diese scheußli- che, absurde Karikatur eines Menschen. Kein Gesicht, Gliedmaßen, deren Länge jegli- cher menschlicher Erscheinungsform spottet. Dasselbe Wort, in vielfacher Ausfertigung, umhüllt die Gestalt. ‚NO‘, immer und immer wieder. Alles ist so eng. Raus hier! Ich biege um die Ecke und da steht er, regungslos, auf mich wartend. Ein Geräusch, als würde je- mand ein Klavier zertrümmern. Wieder schwinden mir die Sinne. Zitternd falle ich in den Raum zurück. Reiß dich zusammen, dein Gehirn spielt dir einen Streich. Die Dunkelheit macht dich paranoid! Langsam, so unendlich langsam, werfe ich einen Blick in den Gang. Nichts! Ich wanke ins Freie.“198 195 | Florian Heider: Der blanke Horror. Special: Slender. In: Gamestar.de (27.7.2012). http://www.gamestar.de/spiele/slender-the-eight-pages/artikel/slender,48664,300 3302.html 196 | Ebd. 197 | Ebd. 198 | Ebd.
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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