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Artikulationen von Bedrohungserfahrungen. Diese Erfahrungsfacette macht also
einen wesentlichen Anteil am Vergnügen an Computerspielgewalt aus.
3.2.2 Affizierung
In einer Hinsicht ist sie sogar deutlich konkreter als die in der Ausübung von
Computerspielgewalt gemachten Erfahrungen: Die Widerfahrnis von virtueller
Gewalt geht oft mit einer klar wahrnehmbaren Affizierung der faktischen Kör-
per der Spieler einher (zum Begriff der Affizierung vgl. auch Kap. 2.1.3). Schon
1984 heißt es in einem Weltraum-Shooter-Test mit der Überschrift „Sinistar, der
Schrecken des Universums, kommt!“: „Jeder, der schon mal ein spannendes Vi-
deospiel miterlebt hat, kennt dieses Gefühl, wenn man die Aktion [meint hier:
Action, C.B.] so hautnah spürt, dass einem der Atem stockt und der Pulsschlag
nach oben schnellt.“208 Und auch in anderen Spielen, so die TesterInnen, lasse die
„wirklichkeitsnahe Animation […] den Spieler bei jedem herannahenden Schuss
zusammenzucken“209 oder die „nervenzerfetzende Action“ bringe „das Blut zum
Kochen“210. Ein etwas längerer Ausschnitt aus einem Testbericht zum 2009 er-
schienenen Ego-Shooter Call of Duty: Modern Warfare 2 spricht für sich:
„Nach ein paar Scharmützeln am Ufer eines Flusses wagen wir uns mit einem Jeep-Konvoi
auf Patrouille in die Stadt. Es scheint alles ruhig, doch die beobachtenden Blicke der
wenigen sichtbaren Einwohner beunruhigen uns. Völlig zu Recht, wie sich gleich her-
ausstellt: Der Funk knistert ‚Infanterie mit Raketenwerfern auf den Dächern!‘ Wir fassen
das als Schussbefehl auf und reißen den Abzug unseres auf dem Fahrzeug installierten
Maschinengewehrs voll durch. Die Fahrer lassen die Reifen quietschen und unser Konvoi
zerbröselt, als alle unkoordiniert den Rückzug antreten. Wir rasen, von Miliztruppen in
Geländewagen verfolgt, durch die engen Gassen und können mehrmals nur knapp den
anschwirrenden Raketen entfliehen. Bevor wir recht verstehen, was eigentlich geschieht,
wird unser Fahrzeug getroffen und wir segeln im hohen Bogen auf die Straße. Überall auf
den Dächern und Balkonen, aus den Fenstern und Türen zielen Gewehrläufe auf uns –
doch ein kurzer Sprint in den nächsten Hauseingang bringt uns, zumindest für kurze Zeit,
in Sicherheit. Unsere Aufklärungsmission gilt längst als gescheitert, jetzt wollen wir nur
noch unsere Haut retten und den Evakuierungspunkt erreichen. Mit heftiger Waffengewalt
drängen wir durch das Haus in den Hinterhof, dann durch eine Schule und letztendlich
zum Sammelpunkt auf einer Kreuzung. Erst jetzt merken wir, wie verkrampft unsere Finger
208 | Tracy Forman: Sinistar, der Schrecken des Universums, kommt! In: Telematch
(1984), H. 3, S. 66-68, hier: S. 66. http://www.kultpower.de/archiv/heft_telematch_19
84-03_seite66
209 | O.A.: Encounter. In: Happy Computer Spielesonderheft 1 (1985), S. 44. http://
www.kultpower.de/archiv/heft_happycomputer_spielesonderheft-1_seite44
210 | Martin Gaksch/Heinrich Lenhardt: Gradius (Nemesis). In: Power Play (1988), H. 4,
S. 88. http://www.kultpower.de/archiv/heft_powerplay_1988-04_seite88
					
				
						Gewalt im Computerspiel
							Facetten eines Vergnügens
								
				- Titel
 - Gewalt im Computerspiel
 - Untertitel
 - Facetten eines Vergnügens
 - Autor
 - Christoph Bareither
 - Datum
 - 2016
 - Sprache
 - deutsch
 - Lizenz
 - CC BY-NC-ND 4.0
 - ISBN
 - 978-3-8394-3559-5
 - Abmessungen
 - 14.8 x 22.5 cm
 - Seiten
 - 370
 - Schlagwörter
 - Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
 - Kategorie
 - Medien
 
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
 - 2. Theorie und Methode 15
 - 3. Virtuell-körperlich 93
 - 4. Kompetitiv und kooperativ 199
 - 5. Dramatisch und deviant 247
 - 6. Ambivalent 297
 - 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
 - Literatur und Anhang 333
 - Literatur 333
 - Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
 - Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
 - Verzeichnis der geführten Interviews 364