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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL158
die Maus umfassen, wie schnell unser Herz schlägt und dass kleine Schweißperlen unsere
Stirn zieren. ‚Das fängt ja mal gut an!‘, durchfährt es uns – und das ist wörtlich gemeint.
Noch viel temporeicher geht es in der zweiten Mission zur Sache […]: Wenn gefühlte 300
Terroristen an unseren Hacken kleben und wir uns alle Mühe geben, uns auf der Flucht mit
einem Schneemobil nicht den Hals zu brechen, reichen gewöhnliche Superlative schon
gar nicht mehr aus, unsere Gefühle zu beschreiben. Adrenalin pur!“211
Schweißperlen, verkrampfte Finger, Herzrasen und eine als Adrenalinausstoß
gedeutete Erregung werden hier zu zentralen Erfahrungselementen. Das Gleiche
gilt für Let’s Play-Videos: Gronkh muss in einer Action-Szene „Pisse schwitzen“,212
Sarazar „hängt“ ein Gefecht auch danach „noch in den Knochen“,213 Brammen hat
wegen einer Explosion „harte Nippel“214 und Hardi kommentiert einen Schreck-
sound in Dead Space 3 mit den Worten: „Ohne Witz, bei mir hat sich grad in
mir alles zusammengezogen. So richtig so [verzieht sein Gesicht in der Facecam,
C.B.]: ‚Mmmjaaa!‘ Gott, was ein Sound ey!“215
Das heißt nicht, dass die emotionalen Erfahrungen der Bedrohung zwangs-
läufig stärker (oder gar tiefer) sind als jene in der Ausübung von Computerspielge-
walt gemachten, doch sie lassen sich aus Perspektive der Akteure augenscheinlich
konkreter als Auslöser körperlicher Reaktionen verorten. Manche der von Tes-
terInnen und Spielern beschriebenen Erfahrungen (beispielsweise Schweißaus-
brüche) können dabei tatsächlichen körperlichen Prozessen entsprechen, andere
(beispielsweise das Hochrollen der Zehennägel) sind dagegen als Metaphern für
eine eher unbestimmte körperliche Intensität des Erlebens zu verstehen. Deutlich
wird in beiden Fällen, dass die Widerfahrnis von Computerspielgewalt in einen
als Affizierung des eigenen Körpers wahrgenommenen Prozess münden kann.
Der Affizierung ihrer Körper sind die Akteure natürlich niemals in gleichem
Maße ausgeliefert wie faktischer physischer Gewalt. Ihnen bleibt stets die Mög-
211 | Robert Horn/Jürgen Krauss: Call of Duty: Modern Warfare 2. Test – Review. In:
PC Games.de (13.11.2009). http://www.pcgames.de/Call-of-Duty-Modern-Warfare-2-PC
-219515/Tests/Call-of-Duty-Moder-Warfare-2-Test-Review-699412/
212 | Gronkh: GTA V (GTA 5) [HD+] #098 - KRIEG gegen das FIB!! Let’s Play GTA 5 (GTA V)
(22.12.2013), 6:40-6:50. https://www.youtube.com/embed/z9xeXCeNqQM?start=400&
end=410
213 | Sarazar: Let’s Play Tomb Raider #036 - Kampf gegen die Untoten [Full-HD]
[Deutsch] (6.4.2013), 8:25-8:35. https://www.youtube.com/embed/iOer2ZNjXfM?start=
505&end=515
214 | PietSmiet (Brammen): BATTLEFIELD 4 SINGLEPLAYER # 1 - Die Saga beginnt «»
Let’s Play Battlefield 4/BF4 | HD (29.10.2013), 23:30-23:40. https://www.youtube.com
/embed/L8HKGZM_YnY?start=1410&end=1420
215 | PietSmiet (Hardi): Let’s Play Dead Space 3 #005 [Deutsch] [HD] - Auf Shuttle-
suche (11.2.2013), 5:00-5:35. https://www.youtube.com/embed/LWqnmTqYU4Q?start=
300&end=335
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Titel
- Gewalt im Computerspiel
- Untertitel
- Facetten eines Vergnügens
- Autor
- Christoph Bareither
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364