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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL160 Daniel atmet tief durch. Martin versucht zu lauschen, ob er den Slenderman hört. Sie laufen weiter. Daniel lacht und meint, er wolle am liebsten nach Hause gehen. Als sie den Slenderman schließlich zum zweiten Mal erspähen, reagiert er mit einem souveränen „Ha ha!“ und rennt mit dem Avatar davon, während Martin sich erneut mit einem lauten „Ahhh!“ erschreckt und wieder ruckartig vom Bild- schirm zurückweicht. „Das Spiel ist nichts für mich“, kommentiert Martin, wäh- rend Daniel lacht und kontert: „Du musst nicht mal spielen!“ Deutlich wird bis hierhin die Affizierung der faktischen Körper der Spieler. Diese wird hier nicht ‚authentisch‘ wiedergegeben, doch auf sie wird performativ Bezug genommen und dadurch die Lust an Bedrohung, Spannung und Erschre- cken artikuliert. Im weiteren Verlauf scheint der gar nicht aktiv am Spiel beteilig- te Martin noch stärker von der Affizierung durch den Spielprozess betroffen.217 Immer wieder atmet er heftig angespannt durch. Daniel lacht daraufhin amüsiert auf: „Reg dich mal ab, ist nur ein Spiel.“ Doch Martin spielt virtuell-körperlich mit und hat an der embodiment relation teil, auch wenn er nur durch seine Kommen- tare und Aufforderungen aktiv auf das Spielgeschehen Einfluss nimmt. Als Da- niel einmal verwegen dem Slenderman entgegen anstatt vor ihm davonläuft, hebt Martin verängstigt seine Hände vor die Augen: „Ich will’s nicht sehen!“, ruft er. „Geh weg! Geh weg! Ich guck nicht hin!“ Er ist, wie er sagt, „schon am Rande des Zusammenbruchs“. Das unspektakuläre Ende der Folge kommt abrupt – durch einen Absturz der Software. Sogleich beschließen die zwei, mit einer weiteren Folge und einem neuen Versuch fortzufahren.218 Das Spiel speichert nicht, sie beginnen also von vorn. Gleich zu Beginn kommentiert Daniel ironisch, das Spiel sei sicherlich ein gro- ßer Partyspaß, wenn man es mit seinen Freunden spiele. Damit liegt er nicht ganz falsch: Im Interview erwähnte einer meiner Online-Mitspieler, dass er eines Abends gemeinsam mit seinen Freunden im dunklen Keller eines leerstehenden Hotels (im Besitz der Eltern seines Freundes) Slender gespielt habe: „Da haben wir uns natürlich mega beölt [sehr amüsiert, C.B.] über die Reaktion von uns selbst“, fasst Bolli diese Erfahrung zusammen. (IV1) Genau das steht auch bei Martin und Daniel im Vordergrund: Die Konfrontation mit den eigenen Reaktionen ist gera- de deshalb amüsant, weil letztere als unkontrolliert beziehungsweise affekthaft empfunden werden. Dabei hatte Martin überhaupt nicht mit einer so intensiven Erfahrung gerechnet: „Ich hab irgendwie nen Artikel drüber gelesen und ein Vi- deo irgendwann drüber gesehen“, kommentiert der Let’s Player, während Daniel spielt, „und dachte: ‚Na gut, so ein bisschen gruselig.‘ Aber Alter, wie mich … mir geht grad so die Pumpe [er hat starkes Herzklopfen, C.B.]. […] Das hätt ich nicht 217 | Ebd., 4:30-12:39. https://www.youtube.com/embed/W7eWF5fdrWA?start=270&e nd=759 218 | GameTube: Horror - Slender Gameplay mit Facecam #2 - Let’s Play Slenderman Game German (20.7.2012), 0:00-6:20. https://www.youtube.com/embed/DaIi8w1-QFw? start=0&end=380
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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