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VIRTUELL-KÖRPERLICH 173
Trotz des Potenzials für solche Frusterfahrungen bleibt die Möglichkeit des
virtuellen Sterbens zentraler Bestandteil der Dynamik von Actiongames. Erst da-
durch werden angenehm gedeutete Erfahrungen wie Spannung und Stress über-
haupt möglich. Doch nicht nur die Freude an der Widerfahrnis, sondern auch an
der Ausübung von Computerspielgewalt, kann durch die Sterblichkeit des eige-
nen Avatars geprägt werden.
Sichtbar wird das beispielsweise an der Rezeption der Dark Souls-Spiele, die
unter Gamern für ihren unbarmherzigen Schwierigkeitsgrad und eine entspre-
chend hohe Frustrationsgefahr bekannt sind. Unter der Überschrift „So schön
kann sterben sein!“ kommentiert der Computerspieltester Florian Heider: „Vier
zerstörte Gamepads, zwei zerschmetterte Monitore und ein durchgebissenes Tas-
taturkabel. Riesenratten in der Redaktion? Nein, Dark Souls ist endlich für den
PC erschienen! Warum sich Leiden manchmal wirklich lohnt, zeigen wir in un-
serem Test.“241 In diesem Spiel, so erklärt der Autor, geht nicht nur der Kampf
gegen verschiedene Monster meist tödlich für den eigenen Avatar aus, sondern
das Spiel entzieht einem bei wiederholtem Sterben auch gnadenlos bereits gesam-
melte Bonus-Items. Besonders hart seien die Boss-Kämpfe am Ende der Level.
Doch gerade diese Härte lasse die Spielerfahrung zu etwas Besonderem werden:
„Wenn wir nach zehnminütigem Kampf mit einem Drachen doch noch eine Niederlage
einstecken müssen, mag das niederschmetternd sein, doch nur wenig ist vergleichbar
mit der absoluten Euphorie, die sich einstellt, wenn wir das Schuppenvieh nach einigen
Anläufen dann endlich doch noch in die ewigen Jagdgründe schicken – Halleluja!“242
Noch Jahre später, so Heider im Fazit, werde er sich „an die Emotionen erinnern,
die Dark Souls in mir wachgerufen hat.“243 Entscheidend ist hier, dass die Intensi-
tät der Bedrohung des eigenen virtuellen Körpers die Intensität der Erfahrungen
in der Ausübung von Computerspielgewalt bedingt. Ein Sieg wird dort als beson-
ders positiv empfunden, wo etwas auf dem Spiel steht – und aufs Spiel gesetzt
wird hier ein emotionaler Wert in Form der Möglichkeit, frustriert zu werden. Die
Möglichkeit negativer emotionaler Erfahrungen wird als eine Art Spieleinsatz in
einen auf positive Erfahrungen zielenden Spielprozess eingeflochten. Prozessual
gedacht: Das Vergnügen riskiert sich selbst, um sich zu bereichern.
241 | Florian Heider: So schön kann sterben sein! Dark Souls: Prepare to Die Edition im
Test. In: Gamestar.de (8.9.2012). http://www.gamestar.de/spiele/dark-souls-prepare-to
-die-edition/test/dark_souls_prepare_to_die_edition,48018,3004764.html
242 | Ebd.
243 | Ebd.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Titel
- Gewalt im Computerspiel
- Untertitel
- Facetten eines Vergnügens
- Autor
- Christoph Bareither
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364