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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL184
Spiel erhalten Spieler sogenannte Waffenkisten, die wiederum durch den Einsatz
von Echtgeld (bei Standardkisten ca. 1,80 Euro) geöffnet werden können. Öffnen
bedeutet hier, dass der Spieler einen von verschiedenen möglichen Waffenskins
erhält, der entweder aufwendig gestaltet und auch in Echtgeld teuer oder simpel
und wertlos sein kann. Alternativ können die Spieler Waffenskins untereinander
auf dem Marktplatz der Spielefirma Steam für Echtgeld verkaufen oder ankaufen,
wodurch sich auch die Preise eines Waffenskins aktuellen Geschmackstrends an-
passen. Die Spieleplattform Steam zeigt Interessierten dabei auch ausführliche
Kursverläufe der Echtgeldwerte zu einzelnen Skins an. Das kompetitive Wett-
kampfspiel wird so um Dimensionen des Glücksspiels und des Handels erweitert.
Im Mittelpunkt steht für die Spieler aber die ästhetische Erfahrung von als schön,
cool oder stylish gedeuteten Skins, die teils mehrere hundert Euro wert sind.
Für die Spieler lohnt sich der Einsatz von Echtgeld auch deshalb, weil sie nicht
nur selbst die optische Erscheinung ihrer Waffen genießen, sondern sie auch ih-
ren Mitspielern präsentieren können. In Counter-Strike müssen besiegte Spieler
bis zum Ende der Runde warten. Dabei sehen sie meistens durch die Augen der
Avatare ihrer noch aktiven Mitspieler und betrachten dabei automatisch auch
deren Waffenskins. Die aktiven Spieler haben ihrerseits die Möglichkeit, durch
Druck einer bestimmten Taste den Avatar die eigene Waffe hochheben und vor
sich hin- und herdrehen zu lassen, als ob er diese Waffe von allen Seiten ansehen
und bewundern wolle. Erst durch diese Animation werden auch innerhalb des
Spiels die aufwendig gestalteten Designs der Waffe in Gänze sichtbar. Eine gän-
gige Praxis ist es, als einer der noch aktiven Spieler durch Druck dieser Taste den
bereits besiegten Mitspielern, die durch die Augen des eigenen Avatars sehen, das
Design der eigenen Waffe vorzuführen.
Ähnliches kann durch den Austausch von Waffen geschehen. Dazu ein kon-
kretes Beispiel aus der teilnehmenden Beobachtung: Der Spieler BKM schmiss
seinem Mitspieler Toksen am Anfang einer Runde Counter-Strike ein besonders
modern und teuer aussehendes Sturmgewehr AK47 vor die Füße, so dass Toksen
damit spielen konnte. Das Modell hieß „Headshot Donater“. Dazu kommentierte
BKM in jovialem Tonfall im Sprachkanal: „Da hast du was richtig Schönes!“ Tok-
sen reagierte prompt: Er kenne das Modell, aber das sei ja echt ein teurer Skin,
achtzig Euro sei der Wert. Umso erfreuter zog er mit der schicken Leihwaffe in
den Kampf der nächsten Runde. (FT)
Als ich den Spieler Fox viel später im Interview nach den Waffenskins frage,
bestätigt er den hier entstehenden Eindruck: „Irgendwo wirst du dadurch auch
ein bisschen anerkannt, was eigentlich wirklich traurig klingt, ne?“ Ich frage
nach, wie sich das äußerst. Na, indem man im Sprachkanal gefragt werde: „‚Ja,
woher hast du’s Knife [hier: Messerskin, C.B.]?‘; oder: ‚Geiles Knife!‘, oder whate-
ver, weißte?“ (IV6) Auf diese Weise werden objektbezogene ästhetische Praktiken
in soziale Prozesse der Aushandlung von Anerkennung und Aufmerksamkeit
eingebunden (vgl. auch Kap. 4.2.2).
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Titel
- Gewalt im Computerspiel
- Untertitel
- Facetten eines Vergnügens
- Autor
- Christoph Bareither
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364